Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)

SPRINGER, Elisabeth: Kaiser Rudolf II., Papst Clemens VIII. und die bosnischen Christen. Taten und Untaten des Cavaliere Francesco Antonio Bertucci in kaiserlichen Diensten in den Jahren 1594–1602

90 Elisabeth Springer welches nur kommen könne, wen sie selbst wünschen; diese Räte sollen vier Richter bestimmen, und diese würden gemeinsam mit einem vom Kaiser ent­sandten Gubernator (Bertucci hält Erzherzog Maximilian für sehr geeignet dafür) über Kriminalfälle verhandeln. Nach Erörterungen der Straffähigkeit des Adels und anderer Einzelheiten versichert Bertucci, man werde mit Rücksicht auf die Wünsche des Papstes keinen Häretiker in dieses Consilium berufen, weder im Bereich der Regierung noch in dem der Verwaltung; und dies alles solle nur ein Vorschlag sein, der der kaiserlichen Sanktion bedürfe. Vorbild für solche Überlegungen waren natürlich die Verfassung der Repu­blik Venedig und die der selbständigen dalmatinischen Kommunen. Doch hier muß vor allem auf das Statut von Poglizza (Poljicki Statut) näher einge­gangen werden. Der Text geht auf die Zeit vor 1440 zurück, der älteste Teil der Handschrift wurde zwischen 1576 und 1605 niedergeschrieben (!). Das Statut ist in der Form den alten germanischen Stammesrechten vergleichbar; es bringt eine Folge von Einzelbestimmungen, wie sie in der Vollversamm­lung aller Poglizzaner aufgrund aktueller Vorfälle beschlossen und dem Sta­tut angeschlossen wurden. So sagt eine der ersten Bestimmungen, daß ein Poglizzaner nur vor einen Poglizzaner Richterstuhl gebracht werden dürfe. Zur Betonung der Eigenständigkeit gibt es auch ein Siegel der Provinz Po­glizza sowie regelmäßige Grenzfeststellungen5 * * 58). Bei diesen Ideen Bertuccis werden auch noch andere Traditionen sichtbar: Kaiser Rudolf II. soll daran erinnert werden, daß er als König von Ungarn auch den Titel eines Königs von Dalmatien und Bosnien zu führen berechtigt ist59). Mit diesen alten Ansprüchen wollte man einen Überbau gewinnen, um in den Verband des Reichs aufgenommen zu werden, — in der begründeten Erwartung, der Reichsverband sei locker genug, um die Eigenständigkeit der betroffenen Länder zu gewährleisten. Zur Eroberung von Bosnien kann Bertucci gleichfalls einige — wie er sugge­rieren will - unfehlbar erfolgreiche Hinweise geben: Wenn nur erst einmal Clissa erobert ist, werden sich die Christen in Bosnien erheben und die Tür­ken in Stücke schneiden; sie werden sich der Pässe und Festungen bemächti­gen; die Schlüssel der Stadt Jaice werde man von dem christlichen Woiwo- den Abraham erhalten, einem der vielen Männer, die für Bertucci arbeiten. Zu gleicher Zeit möge Erzherzog Maximilian mit den Truppen der Militär­grenze entlang der Save nach Posega und dann nach Banjaluka ziehen und 5S) Statuta lingua croatica concsripta in Monumenta historico-juridica Slavorum Meridionalium 1/4 (Zagreb 1890) XVff und 32ff: Edition des Poljiöki Statut von V. Jagic. Deutsche Übersetzung des Statuts: Alfons Pavich von Pfauenthal, Tomo Matic und Milan Resetar Statut der Poljica in Wissenschaftliche Mitteilungen aus Bosnien und der Herzegowina 12 (Wien 1912) 324-403. 59) Die Beschwörung des Kaisers als eines Oberhauptes von Bosnien und Dalmatien auch im großen Memorandum des Paulo Sirotkovich, Archidiakon von Clissa, an Ru­dolf II. vom November 1596 im HHStA Ungar. Akten 356 fol. 266—275 (Or. Sarajevo), ed. bei Lopásié Spomenici 1 256.

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