Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)

WOJTYSKA, Henryk Damian: Zur Entstehung und Organisation der polnischen Nuntiatur bis 1572

Polnische Nuntiatur bis 1572 59 (1572-1585), der endgültig die Organisation der Nuntiaturen vereinheitlich­te5). Aber alle konstitutiven Elemente einer formalen Nuntiatur finden wir im Grunde genommen schon in den letzten Nuntiaturen zur Zeit des Königs Sigmund August (1520-1572). 1. Der Titel. - Obwohl es uns scheint, daß man die Bezeichnung des Amtes nicht überbewerten sollte, ist es doch notwendig, in Kürze die Entwicklung jenes Titels, den man in Polen den Repräsentanten des Papstes gab, zu skiz­zieren. „Nuntius apostolicus“ bzw. „Sedis Apostolicae nuntius“ erscheint in den Polen betreffenden Dokumenten schon im 13. Jahrhundert, am Anfang des 14. Jahrhunderts (und auch später) gewöhnlich mit dem Titel „collector“ verbunden6). Es war dies jedoch damals eine sehr allgemeine Bezeichnung; man gebrauchte sie für jede Person, der der Apostolische Stuhl eine Mission anvertraute, auch wenn es eine Mission rein finanzieller Natur war. Im 15. Jahrhundert wird „nuntius“ häufiger, und er wird öfter mit dem Titel „orator“ oder „legátus“ verknüpft. So bleibt es bis zur Mitte des 16. Jahr­hunderts, mit der Einschränkung, daß im Lauf der Zeit „nuntius“ immer öf­ter allein, ohne Verbindung mit den anderen Titeln, erscheint7). Die Analyse der Prärogativen, der Würde und des Charakters der Mission der päpstlichen Abgesandten weist darauf hin, daß jetzt die Bedeutung des Wortes stärker eingeschränkt ist. Die analysierten Elemente entsprechen fast gänzlich den Merkmalen des weltlichen „nuntius“, den 1436 Bernhard du Rossier in sei­nem Ambasciator brevilogus beschrieb. Ähnlich dieser von Garrett Mattingly verwerteten Abhandlung8) sah die Aufgaben des „nuntius“ ein anderer Theo­retiker der weltlichen Diplomatie des 15. Jahrhunderts, Gonsalvo Villadie­go9). Alle, die sich in dieser Zeit in Polen „nuntius“ nennen, handeln nicht nach ihrem freien Willen, sondern repräsentieren die Person des Papstes, der sie absandte; ihre zu erfüllende Aufgabe ist kurzdauernd, auf spezielle Fälle begrenzt, und sie ist eingehend in einer Art Instruktion, genannt „manda­tum“, bestimmt10). Ungefähr bis zum Jahre 1530 gebraucht man vertauschbar den Titel „nun­tius“ und „orator“ sowohl in der päpstlichen Kanzlei, wie auch in der Kanz­lei der polnischen Könige. So wird z. B. der Bischof Achille Grassi im Jahre 5) Ebenda 114-124. 6) Siehe Jan Ptasnik Kollektorzy Kamery Apostolskiej w Polsce Piastowskiej [Die Kollektoren der Apostolischen Kammer im Polen der Piasten] in Rozprawy Wyd- zialu Historyczno-Filozoficznego Akademii Umietjqtnosci [Sitzungsberichte der Aka­demie der Wissenschaften, Historisch-Philosophische Klasse] 50 (Kraków 1907) 19. 7) Siehe z. B. die Titel Achille Grassis und Giovanni Statilios (1510-1512) in Acta Tomiciana 1 (Posnaniae 1852) 79, 91; 2 (Posnaniae 1852) 14-21; in Bezug auf die vor­hergehenden siehe Vetera monumenta Poloniae et Magni Ducatus Lithuaniae, ed. A. Theiner 2 (Romae 1861) 1-4, 133, 150, 220. 8) Garrett Mattingly Renaissance Diplomacy (London 1965) 27-28, 286. 9) Tractatus de legato III 1, 25; zitiert nach Mattingly Renaissance Dipl. 28, 286. 10) Vetera monumenta 2 3, 150, 331.

Next

/
Thumbnails
Contents