Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
NEUHAUS, Helmut: Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35. Politische Meinungsumfrage im Kampf um die Reichsverfassung
Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35 37 te“99), und plädierten im Sinne des Brandenburgers dafür, daß der Kaiser „als das haupt der Landen [die Niederlande, aus denen die Täufer gekommen sind] auch disem feur am negsten ist, desgleichen die kon. Mat. etliche der Stat Munster nachgelegne fürsten erfordern und mit denselben oder in ander wege beratslagen, wie dasselb feur gedempft werden mag“ 10°). Datierten diese beiden Stellungnahmen vom 27. bzw. 24. Dezember 1534, so berücksichtigten einige der ab Anfang Januar 1535 eingegangenen bereits jene mit dem intercircularen Kreisversammlungstag von Koblenz eingeleitete Entwicklung, auf dem die Vertreter der drei rheinischen Reichskreise im Abschied vom 26. Dezember 1534 „für notwendig un gut bedacht un beschlossen“ hatten, daß alle Kreisstände der zehn Reichskreise „auf schirstkünffügen Sontag Quasimodogeniti“ (4. April 1535) in Worms zu einem Versammlungstag Zusammenkommen sollten, um eine Reichshüfe zur Abwehr der Täufergefahr in Münster zu beschließen und dann eine Reichsexekution durchzuführen101). Der Kurfürst von Sachsen wies am 10. Januar 1535 darauf hin, daß ihm wie wohl inzwischen auch dem König von dem Koblenzer Tag und von seiten des „Kreistags, welcher auf Quasimodogeniti schirsten gegen Worms angesatzt“ berichtet worden sei, weshalb er es hinsichtlich eines Reichstages u. a. für „berurte Munsterischen Sachen [...] ane not geachtet, Ire konig. Mait. mit fernem weitleufigen antzaigungen jetziger Zeit darüber zubemuehen“102). Im Zusammenhang mit Überlegungen zum Tagungsort des von Ferdinand angestrebten Reichstages bemerkte der Bischof von Speyer am 18. Januar 1535, daß alle Kurfürsten außer Brandenburg, „auch der dreyer Zirckh des Rheinstrombs, Rheinisch, Nidderlendisch und Westfalisch gesanten E[uer] kho. Mt. kurtzer tag geschrieben und underthenigst gebeten, auf Quasimodogeniti nechstkhunftig ain tag Munsters halb gein Wormbs gnedigst usschreyben zulassen, welichs dan im April und eben die ") Ebenda fol. 2v-3r; siehe auch Auszug ebenda fol. 132 v. 10°) Ebenda fol. 3r. 101) Vgl. Abschiedt der vier Churfursten am Rhein vom 26. Dezember 1534 (zit. Koblenz 1534) § 8, 8. Wir benutzen das gebundene Exemplar der Universitätsbibliothek Münster (Druck); der Abschied auch in HHStA RAig 7 fol. 60r-72r und in Geschichte der Wiedertäufer zu Münster in Westphalen nebst einer Beschreibung der Hauptstadt dieses Landes aus einer lateinischen Handschrift des Hermann von Kerssenbroick übersetzt (Münster 21881) 619ff. Vgl. auch Johann Jakob Moser Teutsches Staatsrecht, 43. Teil (Nürnberg 1751) § 58, 496. - Zu dieser Entwicklung siehe unten S. 146 ff. Zu den beiden Versammlungen in Koblenz und Worms und ihrer Bedeutung für die Reichsverfassungsgeschichte und den Ständeparlamentarismus des Reiches im 16. Jahrhundert vgl. in Kürze Studien des Verfassers zu den Repräsentationsformen des Reiches im 16. Jahrhundert (Reichstag, Reichskreistag, Reichsdeputationstag). 102) HHStA RK RTA 5 CHI fol. 48v; siehe auch Auszug ebenda fol. 131r. — Der Kurfürst von Sachsen war — obwohl zu keinem der drei rheinischen Kreise gehörend — auf der Koblenzer Versammlung durch zwei Räte (Christoph von Taubenheim und Hans von Dölzig) vertreten gewesen, die den Koblenzer Abschied auch unterzeichnet haben (Koblenz 1534, 12).