Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
NEUHAUS, Helmut: Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35. Politische Meinungsumfrage im Kampf um die Reichsverfassung
Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35 23 tag furzunemen [...] hoch von noten sein“ würde, ebenso aber auch, „denselben so vil immer möglich vor dem Angang und zusamen körnen der Reichs Stende mit Churfursten und Fürsten zupracticieren“4). Schon in der geheimen Einschränkung der ostensiblen Vollmacht vom 12. Februar 1531 hatte Karl V. den Bruder in Punkt 15 verpflichtet, ,sich des Rats der Kurfürsten, aber auch der anderen Stände [zu] bedienen*5). Der Kaiser wollte auf jeden Fall vermeiden, daß ein Reichstag ein politischer Fehlschlag würde. Und dies mußte auch Ferdinands Bestreben sein, denn ein mißglückter Reichstag hätte nicht nur der von ihm zu vertretenden kaiserlichen Reichspolitik geschadet, sondern auch seiner gerade erst gefestigten Stellung als Römischer König6) und damit zugleich den habsburgischen Hausinteressen. Aus dieser Überlegung heraus ging der König noch einen Schritt weiter und bezog auch die Reichsstände in die Absprache über die Veranstaltung eines Reichstages mit ein, dies freilich aber wohl vor allem auch deshalb, weil er auf ihre Finanzkraft bei der beabsichtigten Einrichtung einer beharrlichen Türkenhilfe nicht verzichten konnte. Schon auf dem Konzept der ferdinan- deischen Instruktion vom 21. November 1534 war vermerkt worden, welcher Gesandte zu welchen Reichsständen geschickt werden sollte7). Daraus ergibt sich das in der Beilage aufgelistete Bild. Auffallend an dieser Liste ist einmal, daß die ständig auf den bisherigen Reichstagen vertretenen Reichsprälaten und Reichsgrafen nicht um ihre Meinung gefragt werden sollten, zum anderen, daß so bedeutende Reichsstände wie Hessen, Württemberg, Nassau oder die Bischöfe von Münster und Worms fehlten. Die Konfessionszugehörigkeit scheint für die Auswahl nicht das entscheidende Kriterium gewesen zu sein, denn unter diesen wie unter den um Meinungsäußerungen gebetenen Fürsten und Reichsstädten waren Protestanten wie Katholiken8). Der lutherische Kurfürst von Sachsen hatte dabei gemäß der Wahlkapitulation sogar einen Anspruch auf Befragung, denn eine Einschränkung innerhalb des Kurfürstenkollegiums war nicht vorgesehen9). Aber auch die reichspolitische Gewogenheit gegenüber dem Haus Habs4) Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien (zit. HHStA) Reichskanzlei Reichstagsakten (zit. RK RTA) 5 CI fol. 7v (Hervorhebung vom Vf.). 5) Herwig Wolfram und Christiane Thomas [Bearb.] Die Korrespondenz Ferdinands I. 3: Familienkorrespondenz 1531 und 1532 (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 58, 1.-2. Lieferung Wien 1973/1977) (zit. FK 3) 36, 38 n. 457 c: „L’empereur ne fait doubte que led. S. roy par sa prudence et discretion usera de l’advis et conseü des princes electeurs selon l’exigence des affaires et aussi de ceulx des estatz selon et oü qu’ü sera besoing“. 6) Nach Kursachsen hatte auch Bayern mit Ferdinand einen Vertrag abgeschlossen und den Habsburger als Römischen König im Linzer Vertrag vom 11. September 1534 anerkannt; vgl. dazu die ernten in Anm. 11 auf geführte Literatur. 7) HHStA RK RTA 5 CH fol. 16v-18r. 8) Von den protestantischen Reichsfürsten wurden befragt Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg und die Fürsten von Anhalt sowie die Reichsstädte, nicht dagegen z. B. der Landgraf von Hessen und die Herzoge von Nassau und Württemberg. 9) Vgl. WK 1531 § 11, 11; ebenso schon WK 1519 § 12, 310.