Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)

SPRINGER, Elisabeth: Kaiser Rudolf II., Papst Clemens VIII. und die bosnischen Christen. Taten und Untaten des Cavaliere Francesco Antonio Bertucci in kaiserlichen Diensten in den Jahren 1594–1602

102 Elisabeth Springer Truppen zu plündern, und alle Ordnung löste sich auf. Lenkovich gelangte zwar mit einigen Mann zu den Bundesgenossen in die Hauptfestung, da aber die Versorgungslage dadurch noch angespannter geworden wäre, konnten sie nicht dort bleiben. Bei dem erneuten Versuch, den türkischen Belagerungs­ring unentdeckt zu durchqueren, wurden Lenkovich und seine Begleiter von Dalmatinern verraten und von den Türken überfallen; es kam zu einem all­gemeinen Gemetzel, wobei viele der Anführer, unter ihnen Giovanni Alberti, fielen; Bertucci, Georg Paradeiser und andere gerieten in türkische Gefan­genschaft, allein Lenkovich konnte mit zwei Leuten entkommen und wollte ein Entsatzheer auf die Beine stellen123). Der gefangene Uskoken-Haupt- mann Paradeiser wurde von den Türken gezwungen, seine Untergebenen durch Briefe zur Aufgabe zu überreden. Die Verteidiger behaupteten später, sie hätten trotzdem die Stellung behauptet, wäre nicht die Not so groß gewe­sen. Am 30. Mai 1596 zog der Rest der christlichen Besatzung aus der Fe­stung ab, und Lenkovich kehrte mit seinen Leuten endgültig nach Zengg zu­rück 124). Der Begleiter Bertuccis, Matheo Graüni, schrieb einen eindringlichen Bitt­brief an Leonhard von Harrach, dieser möge die Bezahlung des Lösegeldes urgieren, das die Türken für Bertucci verlangten125). Auf Anweisung Dr. Pez- zens mußte Lenkovich von seinem Vorschuß das Lösegeld für Bertucci be­zahlen, was ihn zur Erklärung veranlaßte: „Wie ich aber nicht weiß, wo der lose Mensch gemelter Cavalier hinkhomben, als wünschte ich, das ich ihn nie gesehen“126). Im November 1596 aber ist Bertucci plötzlich wieder da, - im Gefängnis von Fiume, in das ihn Lenkovich vermutlich auf höhere Weisung gebracht hat­te127). IX Die nun unmittelbar folgenden Vorgänge sind nicht ganz klar. Anfang 1597 nahm Bertucci Kontakt mit Erzherzog Ferdinand auf, der beim Kaiserhof anfragte, wie er sich dabei zu verhalten habe128). Im Oktober des gleichen Jahres ist Bertucci bereits in Prag nachweisbar129); offenbar konnte er wie­123) Grünfelder Uskoken 117ff; Lenkovich an Rudolf II., 1596 Juni 6: HHStA Ungar. Akten 356 fol. 241ff (Or. Sarajevo), ed. Lopásié Spomenici 1 206ff. 124) Ricaut und Giovanni Sagredo Die neu-eröffnete Ottomanische Pforte ... 1 (Augsburg 1694) 318. Zu Paradeiser vgl. auch Günther Cerwinka Die Eroberung der Festung Kanisza durch die Türken im Jahre 1600 in Innerösterreich 1564-1619 (Joan- nea 3, Graz 1967) 413; Grünfelder Uskoken 119f. 12s) Gralini an Harrach, 1596 Juni 19 Graz: HHStA Ungar. Akten 356 fol. 250f (Or. Wien). 126) Lenkovich an Pezzen, 1596 Juli 2 „Wörl“: ebenda fol. 254f (Or. Sarajevo). 127) Bertucci an Clemens VIII., 1596 November 18, bei Bartl Westbalkan 103. 128) HHStA Reichs ho fr at Exhibitenprotokoll saec. XVI Bd. 11 fol. 44. 129) Bartl Westbalkan 103.

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