Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
SPRINGER, Elisabeth: Kaiser Rudolf II., Papst Clemens VIII. und die bosnischen Christen. Taten und Untaten des Cavaliere Francesco Antonio Bertucci in kaiserlichen Diensten in den Jahren 1594–1602
96 Elisabeth Springer rade wegen ihrer Phantastik das kaiserliche Interesse erweckt haben mochten. Der Hofkriegsrat erklärte in einem vom Kaiser angeforderten Gutachten unmißverständlich, eine Beteiligung an der Aktion von Clissa sei völlig unsinnig, da man nicht einmal genug Mannschaft habe, um die nächstliegenden Grenzen zu besetzen86). Ein Blick auf die Landkarte läßt diese Bedenken nur allzu begründet erscheinen: Die südlichste kaiserliche Stadt an der Adria war Carlopag. Die Entfernung vom Haupthafen Zengg nach Clissa bzw. Spa- lato konnte mit einem Schnellboot bei günstigem Wetter in 48 Stunden überwunden werden87); die normale Reisegeschwindigkeit war aber natürlich weit langsamer. Die Nachricht von der glücklichen Eroberung der Festung wurde am 8. April von Clissa abgeschickt, war am 12. in Fiume und am 18. Aprü in Graz. Am 30. April 1596 wurde das Stück von der kaiserlichen Kanzlei in Prag registriert, ohne daß es klar ist, wann der Kaiser es zu Gesicht bekam88). Für ein größeres Heer auf dem Marsch und den Versorgungstroß mußte man mit dementsprechend längeren Zeiten rechnen. Entgegen aller Logik wollte Rudolf n. aber an seinem Rechtstitel als König von Dalmatien festhalten. Dies äußerte er etwa bei der Vergabe von Gütern in der Nähe von Ragusa an den ungarischen Hofsekretär Faustus Verantius. Verantius selbst hielt dem Protest des Hofkriegsrates und der kroatischen Grenzhauptleute entgegen, daß eine solche Donation „zur Erhaltung Eurer Majestät als König in Ungarn Jus und Gerechtigkeit seye“89). Gerade darum hielt sich Rudolf nicht an das Gutachten seines Hofkriegsrates. Auch als Georg Lenkovich später zu bedenken gab, daß viel günstigere Möglichkeiten existierten, aus dem Gebiet der kroatischen Militärgrenze in Bosnien einzufallen90), blieb Rudolf bei seinem Entschluß, die Aufstandsbewegung in Mitteldalmatien und Albanien und die Eroberung von Clissa zu unterstützen. Der kaiserliche Agent Francesco Jurkovich wurde im April 1595 beauftragt, über die Person Bertuccis Erkundigungen einzuziehen91). Diese dürften dem Kaiser zugesagt haben, denn bereits am 7. November 1595 Evans Rudolf II and his world. A study in intellectual history 1576—1612 (Oxford 1973) 47. 86) Carl von Horvat Monumenta Uscocchorum 1 (Monumenta spectantia Historiam Slavorum Meridionalium 32, Zagrabiae 1910) 93 n. 164: Bericht des Grazer Nuntius Portia an Kardinal Cinzio Aldobrandini, 1596 März 25; Grünfelder Uskoken 108. 87) Erzherzog Matthias an Rudolf II., 1596 Mai 25: HHStA Ungar. Akten 356 fol. 22Iff (Or. Wien). 88) Giovanni Alberti an Rudolf II., 1596 April 7 (Or. Sarajevo); Jurkovich an Rudolf n., Aprü 12 (Or. Sarajevo); Erzherzog Ferdinand an Rudolf II., Aprü 18 (Or. Wien): ebenda fol. 104, 106, 116. 89) Erzherzog Ernst an Rudolf II., 1591 Aprü 26: HHStA Ungar. Akten 123 Konv. 2 fol. 61f. Vgl. auch Lopásié Spomenici 1 160ff. 90) Lenkovich an Erzherzog Ferdinand, 1596 Mai 5: HHStA Ungar. Akten 356 fol. 185 (Or. Sarajevo). 91) AVA FA Harrach 718: Pezzen an Harrach 1595 Aprü 2.