Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 32. (1979)
NECK, Rudolf: † Hanns Leo Mikoletzky
494 Nachrufe Grundlage für die Geschichtswissenschaft erkannt und dem österreichischen Staatsarchiv sein Interesse zugewendet. Wenn er 1946 hier den Übertritt vollzog, so hat er doch auch weiterhin den Bibliothekaren seine Treue bewahrt und sein Interesse für das Bibliotheks- und Dokumentationswesen nie verloren. Noch 1972 wurde ihm als Vorstandsmitglied der Vereinigung Österreichischer Bibliothekare die Bick-Medaille verliehen. Am 1. Juli 1947 wurde er über Antrag des damaligen Generaldirektors des Österreichischen Staatsarchivs Univ. Prof. Dr. Leo Santifaller als Staatsarchivar I. Klasse am Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv aufgenommen, dessen stellvertretender Direktor Mikoletzky wurde. Ab November 1949 versah er jedoch bereits halbtägig seinen Dienst am Hofkammer- und Finanzarchiv und wurde dort Anfang 1950 zum provisorischen, 1952 zum definitiven Leiter bestellt. 1956 wurde er zum Oberstaatsarchivar, 1964 zum wirklichen Hofrat ernannt. Nachdem er schon 1966 während der Erkrankung von Gebhard Rath vorübergehend die Leitung der Generaldirektion übernommen hatte, stand er in den Jahren 1968 bis 1972 als Generaldirektor an der Spitze des Österreichischen Staatsarchivs. 1947 hatte sich Mikoletzky an der philosophischen Fakultät der Wiener Universität für mittelalterliche Geschichte und Quellenkunde habilitiert und in den folgenden Jahrzehnten eine reiche akademische Lehrtätigkeit entfaltet. Sein Interesse galt dabei auch der Byzantinistik. Nachdem er noch selbst im Wintersemester 1946/47 die Schulbank in den Übungen und Vorlesungen Bicks über griechische Paläographie gedrückt hatte, wagte er sich in der Folge bald selbst im selben Gegenstand auf das Katheder. Aber auch außerhalb des akademischen Bereichs hielt Mikoletzky zahlreiche Vorlesungen und Vorträge, vielfach auch im Ausland. 1963 wurde ihm dafür und für seine zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen der Titel eines a. o. Universitätsprofessors verliehen. Dabei blieb das Mittelalter keineswegs der einzige Schwerpunkt seines wissenschaftlichen Bemühens. Sehr bald wendete sich sein reges Interesse auch neuzeitlichen Themen zu, vor allem auch der Wirtschaftsgeschichte. Hier erwuchs aus Mikoletzkys Amtstätigkeit im Hofkammerarchiv eine der glücklichen Symbiosen von Archivar und Historiker. Darüber hinaus hat er in Fortsetzung von Huber und Redlich die österreichische Geschichte seit dem 18. Jahrhundert in drei stattlichen Bänden bis an die Gegenwart herangeführt. Für die Gestaltung seiner Österreichischen Zeitgeschichte konnte er sich dabei auch auf eigene Tagebuchnotizen stützen, was dem Werk eine besondere Note verlieh und die Aufmerksamkeit der zünftigen Zeithistoriker erweckte. Sein wissenschaftliches Interesse erstreckte sich aber seit jeher über die Historie im engeren Sinn hinaus auf weitere Bereiche. Allein die Tatsache, daß er 17 Jahre seines Lebens denselben Posten wie einst Franz Grillparzer bekleidete, war für ihn verpflichtend und entsprach seinen Neigungen zur Literaturgeschichte. Überhaupt fühlte er sich von der Kunst in allen ihren Erscheinungsformen mächtig angezogen und angeregt. Er verkehrte unter anderem mit Schauspielern und bildenden Künstlern, mit Literaten und Ton