Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Lorenz MIKOLETZKY: Österreich, Italien und der abessinische Krieg 1935/36. Politik, Meldungen und Streiflichter

Österreich, Italien und der abessinische Krieg 493 kämpften, der abessinischen Regierung zur Verfügung gestellt. . . . Hoffentlich erfährt von unserem Vorhaben keine Regierungsstelle, denn der Italiener könnte dann dem Reiche schuld geben, trotzdem es nur von uns ausgeht, denn die Erbitterung über das Vorgehen des Italieners gegen die Tiroler ist groß, und wir schlagen den Feind, wo wir ihn treffen .. 24). Nachforschungen führten zu einem Bericht aus Berlin: „In hiesigen ausländischen Journalistenkreisen sind unkontrollierbare Gerüchte ver­breitet, daß sich ein Großteil der österreichischen Legion freiwillig für Abessinien ge­meldet haben soll. Als Grund wird nicht Begeisterung für dieses halbwilde Land ange­geben, sondern die Sehnsucht, aus diesem Lagerleben, das die Leute als unerträglich bezeichnen, herauszukommen. Ein Anruf beim abessinischen Generalkonsulat, wo sich am Telephon ein forscher Preuße meldete, hatte naturgemäß kein Ergebnis. Seine bar­sche Antwort, er könne darüber keine Auskunft geben, ist immerhin bezeichnend. Die Angelegenheit wird weiter im Auge behalten“ 2S). Aus Warschau erhielt das Wiener Außenamt wiederum die Nachricht, daß dem Generalkonsulat in Danzig folgende Nachricht zugekommen sei: „Das .Wehramt der österreichischen Legion“ in München wendet sich mit einem Zir­kulare an alle österreichischen Parteigenossen im Auslande, sich als Freiwillige für die abessynische Armee anwerben zu lassen. Vorläufig sollen sich melden gesunde Männer im Alter bis 35 Jahre. Freie Fahrt und ein Sold von 20 Dollar monatlich wird verspro­chen. In Danzig wurde der Befehl des Wehramtes vorigen Sonntag anläßlich des Appells der Angehörigen des .Kampfringes“ verlesen. Anmeldungen nimmt zur Weiter­leitung nach München entgegen der österreichische Staatsangehörige und Pg Karl Schrenk, Danzig, Kolkowgasse 4.“ Die Gesandtschaft fügt hinzu, daß das Konsulat für die Glaubwürdigkeit der vorstehenden Nachricht keinerlei Garantie übernehmen könne26). Das Gene­ralkonsulat in München meinte dazu, es sei „von einer Anwerbung von Legionären als Freywillige für Abessynien . . . bisher nichts bekannt geworden. Hingegen hat ein diesbezüglich befragter Legionär die Auskunft erteilt, daß sich in vielen Lagern Legionäre, die mit den Verhältnissen in der Legion unzufrieden sind, als Freiwülige für Abessynien gemeldet hätten, ein Wunsch, der aber seitens des Lagerkommandos angeblich über Auftrag der deutschen Regierung abge­lehnt worden wäre“27). Südtirol und seine Bewohner standen überhaupt im Mittelpunkt der Be­trach tungen. Das konservative Zentralorgan für die deutsche Schweiz Vater­land berichtete in seiner Ausgabe vom 17. Oktober 1935 unter anderem, „daß an der italienischen Front in Abessinien .blonde Norditaliener1 neben schwarzen Askaris kämpfen. Diese .Norditaliener“ sind nicht etwa Bewohner der Lombardei, sondern deutsche Südtiroler, die früher zu Oesterreich ge­hörten .. Während im übrigen Italien nur bis zum Jahrgang 1904 Einbe­rufungen erfolgten, sollen die Südtiroler bis zum Geburtsjahr 1901 eingezo­gen worden sein. 24) Ebenda ZI. 33.592/1935. 25) Ebenda ZI. 36.396/1935. 26) NPA 556 ZI. 36.771/1935 27) Ebenda ZI. 37.184/1935.

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