Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Silvio FURIANI: Metternichs Plan einer italienischen Zentraluntersuchungskommission auf dem Kongreß von Verona

Metternichs Plan einer italien. Zentraluntersuchungskommission 193 bedingt, sondern auch die Folge einer wohldurchdachten Überlegung, die darauf abzielte, die neue Institution als unentbehrliches Element in eine ge­samteuropäische internationale Einrichtung einzubauen. Es ist bekannt, daß Metternich in Verona gegenüber dem Zaren in einer geheimen Denkschrift die Gründung eines „centre d’informations réciproques“ in Wien durch Ruß­land, Preußen, Österreich und Frankreich befürwortete, um das Treiben des europäischen Sektenwesens einer genauen Beobachtung unterziehen zu kön­nen; hingegen war bisher unbekannt, daß als Hilfsorgane der neuen Behörde neben der bereits bestehenden Mainzer Untersuchungskommission auch die neu zu errichtende italienische Kommission fungieren sollte. Die diesbezügli­che Textstelle, die den vorletzten Absatz der im Familienarchiv aufbewahr­ten, oben erwähnten Denkschrift bildet, ist in der vom Sohn Metternichs veranlaßten Ausgabe der Nachgelassenen Papiere gestrichen worden36). Die unterschlagenen Ausführungen haben folgenden Wortlaut37): „Nous nous occupons dans ce moment de la formation d’une Commission en Italie semblable dans son but ä celle de Mayence, mais qui en différera essentiellement dans toutes ses formes; eile sera composée d’individus délégués par tous les Gouvernemens de la Péninsule. Les découvertes que fera la Commission Italienne seront également soumises au Comité central. La création de ce Comité une fois arrétée, il sera utile de demander au Gouvernement frangais de déléguer de son cöté un hőmmé de toute confiance pour prendre part ä ses travaux. L’existence du Comité central devra rester enveloppée du secret le plus profond, et n’étre connue que d’un seul individu dans le Cabinet de chacun des quatre Etats. Par ce moyen on créeroit sans bruit eomme sans effort un centre de surveillance, qui embrasseroit toute l’Europe ä l’exception de l’Espagne, du Portugal et de l’Angle- terre.“ Auch Graf Bombelles, Österreichs Gesandter am toskanischen Hof, war der Meinung, daß eine als Nachrichtenbüro eingesetzte Kommission für Italien von besonderem Nutzen sein könne. In einer für den Kongreß verfaßten Denkschrift38) betonte er, daß die Kenntnis der Umtriebe das wirksamste Mittel der Bekämpfung wäre und daß das Bestehen einer solchen Einrich­tung in keiner Weise die Empfindlichkeit der italienischen Staaten bei der Wahrung ihrer Unabhängigkeit herausfordern würde, da doch vielmehr die Position der einzelnen Regierungen eher gefestigt werde39). Bombelles’ Denk­36) 3 (Wien 1881) 589—596. Über die tendenziöse Aufmachung und die kritische Un­zulänglichkeit dieser Ausgabe vgl. Karl Obermann Bemerkungen über die bürgerli­che Metternich-Forschung in Zeitschrift für Geschichtsforschung 6 (1958) 1327-1342. Weitere Zeugnisse dieser bewußten Unterdrückung der Wahrheit finden sich z. B. auch in verschiedenen von Erzsébet Andies Metternich und die Frage Ungarns (Budapest 1973) veröffentlichten Dokumenten. 37) Státni ústredni archív, Praha, Fonds Plasy, Acta Clementina, C 30, Memorand IV 1816-1824. 3S) Mémoire sur l’Italie et particuliérement sur la Toscane, 1822, par M. le Comte de Bombelles: Or. in HHStA StK Toskana, Varia 47 (1822); Konzept in StK Provinzen Lombardei-Venetien 40. 39) II serait possible qu’une commission semblable ä celle qui ä Mayence a rendu ä l’Allemagne de si importans services pűt étre d’une égale utilité ä ITtalie. Connaítre le Mitteilungen, Band 31 13

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