Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Hans WAGNER: Die Lombardei und das Freimaurerpatent Josephs II. von 1785

146 Hans Wagner gekommen. In diesem Zustand wurde er mit Folienzahlen versehen. Zwei be­sonders wichtige Briefe, ein Schreiben Viazzolis und ein Konzept Reinas tra­gen die Daten des 4. Februar und des 13. Februar 1785. Bei beiden ist die Jahreszahl falsch, es handelt sich nicht um 1785, sondern um 1786. Das kann nur so erklärt werden, daß Viazzoli in Mailand noch im Februar auf den Jah­reswechsel vergessen und dann Reina in Wien nach Erhalt des Briefes die­selbe falsche Jahreszahl, das Datum Viazzolis vor Augen, auf das Konzept seines Antwortschreibens eingetragen hat. Gewiß ein merkwürdiges und un­glückliches Zusammentreffen, das aber, wenn man den Inhalt der Briefe chronologisch zusammenstellt, keine andere Erklärung zuläßt. Viazzoli bedankt sich in seinem Schreiben für einen Brief vom 19. Dezember des Vorjahres und für zwei Sitzungsprotokolle der Großen Landesloge, das Handbillet Josephs II. über die Freimaurerei betreffend. Er habe sich dar­aufhin sofort zum Provinzialgroßmeister Graf Wilczek begeben und auf des­sen Befehl ein Zirkularschreiben an die Angehörigen der „Concordia“ und einen Brief an die Loge in Cremona mit dem Befehl zur Einstellung der Ar­beit auf Grund des Patents abgeschickt. In einem weiteren Schreiben habe er neue Sitzungsprotokolle der Großen Landesloge mit dem Befehl erhalten, daß die Brüder innerhalb von acht Tagen erklären müßten, ob sie in die für den Kaiser bestimmten Listen aufgenommen werden oder decken wollten, — der maurerische Ausdruck für den Austritt. Am 31. Januar haben sich alle Brüder bis auf drei zum Notar begeben, um sich in die Liste einzutragen39). Nun warte er noch die Antwort der Brüder aus Cremona ab, die er zum Bei­tritt in die Loge „Concordia“ aufgefordert habe, wenn sie sich die Vorrechte der Freimaurer erhalten wollten. Ihre Antwort erwarte er morgen, am fol­genden Tag werde Graf Wilczek dann die Liste an den Fürsten Kaunitz zur Weitergabe an den Kaiser absenden40). In seiner Antwort gibt Reina zu, daß er sich gut vorstellen könne, wie schwer besonders die Auflösung der Loge in Cremona die lombardischen Brüder treffen müsse. Es sei aber notwendig, die Befehle des Monarchen, „der uns seines Schutzes würdigt“, aufs genaueste zu befolgen. Die Listen der übrigen Provinzen wurden von Fürst Dietrichstein schon dem Fürsten Kaunitz über­geben. Er empfiehlt ferner größte Vorsicht bei der Aufnahme neuer Mitglie­der, da nur das den Absichten des Kaisers entspräche, „der sich des kö­niglichen Ordens als Schule vollkommener Untertanen bedienen wolle“. Ort und Zeit der Arbeiten müßten der Polizei rechtzeitig bekannt­gegeben werden, am besten setze man in der Woche einen oder zwei Termine auf Dauer fest, um Schwierigkeiten zu vermeiden, wie das nun auch bei den 39) Die Austretenden, die das mit speziellen Famüienverhältnissen begründeten, waren Graf Giuseppe Taverna, Graf Alberto Alemagna und der Advokat Dr. Antonio Strigella, der 1785 Logenredner gewesen war. Die beiden Grafen waren noch Lehrlin­ge. Vgl. dazu die Liste bei Francovich Storia 366ff Anm. 18. 40) Viazzoli an Reina, 1786 (statt irrtümlich 1785) Februar 4: Vertrauliche Akten 71 fol. 103 f.

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