Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Hans WAGNER: Die Lombardei und das Freimaurerpatent Josephs II. von 1785

DIE LOMBARDEI UND DAS FREIMAURERPATENT JOSEPHS II. VON 1785 Von Hans Wagner Das Freimaurerpatent Josephs II., besser als kaiserliches Handbillet vom 11. Dezember 1785 zu bezeichnen, steht in engem Zusammenhang mit der Gründung der Österreichischen Großen Landesloge vom 24. April 1784 und den dabei aufgetretenen Schwierigkeiten'). Der Kaiser hat hier sicher in bei­den Fällen persönlich eingegriffen. Er konnte nicht dulden, daß die österrei­chische Freimaurerei weiter von der Großen National-Mutterloge von Preu­ßen in Berlin abhängig blieb. Schon im März 1781, also bald nach dem An­tritt der Alleinregierung, ließ er das Verbot erneuern, das den Orden unter­sagte, auswärtige Obere anzuerkennen, geschweige denn Geldabgaben an sie zu leisten* 2). Als daraufhin die Vorarbeiten zur Gründung einer eigenen na­tionalen Großloge für die Monarchie begannen, wurden sie vom Kongreß von Wilhelmsbad unterstützt, an dem von Juli bis September 1782 auch Dele­gierte aus den habsburgischen Ländern teilnahmen3). Es waren dies der k.k. Kämmerer Franz Josef Graf Kolowrat-Liebsteinsky und der Brünner Guber- nialrat Karl Anton Graf Salm-Reifferscheid sowie der Advokat beim Reichs­hofrat Johann Eubert Boedecker für Österreich und die Grafen Paul Szapäry und Michael Viczay, beide aus Preßburg, für Ungarn. Die böhmischen Frei­maurer weigerten sich, einen eigenen Delegierten zu schicken, da sie mit der Sendung Kolowrats nicht einverstanden waren4). In Wilhelmsbad kam es zum Sturz der sogenannten „Strikten Observanz“, des auf angeblichen Tra­ditionen des Templerordens aufgebauten Hochgradsystems, das den romanti­sierenden Neigungen des Adels und einiger deutscher Fürsten besonders ent­sprochen hatte. Hauptbeteiligter an diesem Resultat war der Assessor am Reichskammergericht Franz Friedrich Freiherr von Ditfurth, der das Behar­') Ludwig Abafi (Aigner) Geschichte der Freimaurerei in Österreich-Ungarn 4 (Budapest 1893) 115 f. Eine Einführung in die Geschichtsschreibung zur Freimaurerei gibt Ludwig Hammermayer Zur Geschichte der europäischen Freimaurerei und Geheimgesellschaften im 18. Jahrhundert. Genese, Historiographie, Forschungspro­bleme in Eleusis 31 (1976) 367-388. 2) Abafi 4 66f. Allerdings findet sich die dort zitierte Verordnung nicht im Hand­buch aller unter der Regierung des Kaisers Joseph II. für die k. k. Erbländer ergange­nen Verordnungen und Gesetze, 18 Bände (hg. von Joseph Kropatschek, Wien 1785-1790). 3) Wilhelm Mensing Der Freimaurer-Konvent von Wilhelmsbad (Bayreuth 1974), mit dem Teilnehmerverzeichnis 64. 4) Abafi 4 94f.

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