Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Georg WACHA: Italienische Zinngießer nördlich der Alpen

108 Georg Wacha War bisher hauptsächlich von der „Verlagerung des italienischen Kultur­potentials in die Fremde“ im späten 16. Jahrhundert die Rede14), so darf doch nicht übersehen werden, daß auch die Geistlichkeit zu dieser Zeit in Italien rekrutiert wurde. Das Wiener Minoritenkloster wurde 1559 für den evangelischen Gottesdienst bestimmt, das Aussterben durch Berufung italie­nischer Mönche verhindert. Damals bürgerte sich die Bezeichnung „welsches Kloster“ ein, und die Verbote Rudolfs IL, Italiener aufzunehmen, wurden von den Minoriten ebenso wenig beachtet wie von den Dominikanern oder Augu­stinern15). Erst 1634 setzte Ferdinand II. einen deutschen Konvent durch16). Die neuinstallierte Pfarrgeistlichkeit der Gegenreformation hatte es wesent­lich schwerer. Hier war nicht nur die sprachliche Barriere zu überwinden, hier mußte auch für eine neue Religion Propaganda gemacht werden17). Ob­wohl man anfangs ungehalten war über die vielen Italiener und Welsch-Tiro- ler, gewannen doch die Kapuziner in Bayern und im süddeutschen Raum große Volkstümlichkeit18). Daß es am Wittelsbachischen Hof in München der Italiener Astor Leoncelli zu hohen Ehren brachte (seine Instruktion als Oberststallmeister drückt die beherrschende Stellung aus), habe ich in ande­rem Zusammenhang berichtet19). Der tiefe Sturz blieb ihm allerdings nicht erspart: im März 1603 wurde Astor Leoncelli hingerichtet. Wahrscheinlich war es sein Versuch, immer mehr Personen einer großen Familie am Hof un­terzubringen und vielleicht auch die drückende Vorherrschaft des italieni­schen Elements überhaupt, die dies herbeigeführt haben. Wie sehr man dem Italienischen in Österreich auch sprachlich verbunden war, mag der Hinweis auf die älteste Tageszeitung in Wien, den Corriere Ordinario bezeugen, der sich für die Jahre ab 1677 erhalten hat20). Lhotsky hat in einem eindrucks­vollen Beispiel darauf hingewiesen, daß sich die deutsche Bildung des 17. Jahrhunderts mehr dem Französischen verschrieb, wie z. B. die Worte 14) Diese treffende Definition in Alphons Lhotskys Vortrag Österreich und Ita­lien (1966), abgedruckt bei Lhotsky Aus dem Nachlaß. Aufsätze und Vorträge 5 (Wien 1976) 85. ls) Richard Perger — Walther Brauneis Die mittelalterlichen Kirchen und Klö­ster Wiens (Wiener Geschichtsbücher 19/20, Wien 1977) 144f. ,6) Josef Maurer Die Ersetzung der italienischen Mönche durch deutsche im Wie­ner Minoritenkloster in Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines in Wien 25 (1889) 144-153. 17) Grete Mecenseffy Geschichte des Protestantismus in Österreich (Graz-Köln 1956) 164; Hans Sturmberger Adam Graf Herberstorff. Herrschaft und Freiheit im konfessionellen Zeitalter (Wien 1976) 231. ls) Benno Hubensteiner Vom Geist des Barock. Kultur und Frömmigkeit im alten Bayern (München 1967) 81 ff. ,9) Georg Wacha Die Korrespondenz des Kremsmünsterer Abtes Alexander a Lacu mit den bayerischen Herzogen in MÖStA 26 (1973) 173 ff. 20) Georg Wacha „II Corriere Ordinario“. Eine vergessene Quelle zur Kulturge­schichte des späten 17. Jahrhunderts in Oberösterreichische Heimatblätter 19 (1965) 27ff; Leonore Pühringer-Zwanowetz Unbekannte Zeitungsnachrichten zum Wie­ner Barock. Mit einem Anhang von Auszügen aus den Beständen des Hofkammerar­chivs in Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 28 (1975) 182—214.

Next

/
Thumbnails
Contents