Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 30. (1977)

RILL, Gerhard: Zur Geschichte der österreichischen Konsulargerichtsbarkeit in Bosnien

österr. Konsulargerichtsbarkeit in Bosnien 185 vielmehr nur dadurch, daß erst die Funktionen reduzirt und dann erst mit der Restriktion des Personales vorgegangen werde“; ein richterlicher Be­amter, der sich der vom Ministerium praktizierten Methode widerspruchslos füge, müsse sich zwangsläufig „zum Helden einer Justizkomödie machen ..82 83). Die von der Landesregierung geforderte konsequente Durchführung der Konsulargerichtsbarkeit zeitigte, wie das Außenministerium befürchtet hatte, indessen Folgen, die sich gegen die eigenen Behörden kehren konn­ten; dies ging so weit, daß selbst Klagen gegen das Militärärar vor das konsularische Forum gebracht wurden 8S). Am 25. August 1879 wurden die Ministerpräsidenten der beiden Reichs­hälften von den Motiven der bevorstehenden Auflösung der Konsularge­richte in Kenntnis gesetzt: „Wir haben in Bosnien und der Herzegowina in keiner Weise die Verpflichtung übernommen, die von der Pforte dritten Staaten gegenüber eingegangenen Vertragsverpflichtungen zu respektiren, und können daher dem Fortbestände der Kapitulationen unter unserer Verwaltung eine materielle Berechtigung umso weniger zuerkennen, als auch die Rechtspflege eine viel sicherere Garantie bei regelmäßigen Gerichtshöfen als bei Consuln findet..84). Wie daraus ersichtlich ist, hatte sich in der Zwischenzeit der Tätigkeits­bereich der Konsulate völlig auf die Konsulargerichtsbarkeit reduziert, die von den Militärbehörden ohnedies ungern gesehene politische Be­richterstattung an das Außenministerium existierte praktisch nicht mehr. Nachdem die Konsulate von Livno und Banjaluka bereits in aller Stille liquidiert worden waren, wurde mit Erlaß des Gemeinsamen Finanzmi­nisteriums vom 5. März 1880 und mit darauffolgenden Zirkularen der Landesregierung und des Generalkonsulates Sarajevo die Auflösung der noch bestehenden Konsularämter besiegelt 85). Gleichzeitig wurde auch über das Schicksal der Konsulatsarchive ent­schieden, — in einer Form allerdings, die noch heute Meinungsgegensätze über die Absicht der verfügenden Behörden zuläßt. Beschränkt man sich auf den Archivbestand des Generalkonsulates Sarajevo, ergibt sich fol­gendes Bild: Im Erlaß des Gemeinsamen Finanzministeriums vom 5. März 1880 wird zu­nächst verfügt, daß in Sarajevo, Mostar und Brcka Behörden einzusetzen wä­82) Holzinger an Ministerium des Äußern, 1879 Juli 7 (mit Randbemerkun­gen: „Eine solche Sprache kann unmöglich ohne Bemerkung hingenommen werden“, „Er hat doch noch zu viel Zeit, sich in Dinge einzumischen, die ihn gar nichts angehen“, „Noch kein Funktionär hat es gewagt, in diesem Tone zu schreiben“): Admin. Reg. F 8/56 (Bosnien-Herzegowina, Sarajevo). 83) Gemeinsames Finanzministerium an Landesregierung, 1880 Jänner 17: ABH GFM Allgemeine Reihe ZI. 246/1880 und Admin. Reg. F 61/4 (Consular- Jurisdiction 1 fol. 66—69). 84) Ministerium des Äußern an beide Ministerpräsidenten, 1879 August 25: ebenda (fol. 46—48). 85) Sammlung der für Bosnien und die Hercegovina erlassenen Gesetze, Ver­ordnungen und Normalweisungen 1878—1880 2: Justizverwaltung (Wien 1881) 64 ff.

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