Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

294 Richard Schober Doch einer größeren Parteikonferenz konnten sie sich nicht entziehen. Hauptsächlicher Verhandlungspunkt auf der Brixener Parteikonferenz, die für den 14. Dezember einberufen wurde, war die Frage eines Ersatz­katholikentages in Innsbruck. Die Landesbischöfe begrüßten diese Ini­tiative nicht, aber die politische Klugheit gebot ihnen, sich an die Spitze der Bewegung für einen Innsbrucker Katholikentag zu stellen, den aber die Regierung verhinderte 143). Die Bischöfe hatten naturgemäß an dem Streit unter den Katholiken keine Freude, sahen sich jedoch außerstande, diese zu „bändigen, umsomehr als sie die Opposition unter dem Schilde der Prinzipientreue und des rigorosen Konservativismus führten“ 144). Die Brixener Konferenz befriedigte nicht im geringsten, denn es gelang nicht, eine gemeinsame Aktionsbasis herzustellen; es wurden nur die Posi­tionen der „Scharfen“ und der „Milden“ festgestellt. Propst Wieser und Professor Helfer meinten als Vertreter der Radikalen, daß man in der Schulfrage nach dem Alles-oder-Nichts-Gesetz Vorgehen müsse, während der Innsbrucker Dr. Wackerneil und der Meraner Dekan Glatz den Weg der kleinen Schritte, wie ihn die Abgeordneten praktizieren wollten, vertraten. Die „Milden“ hatten Angst, im Falle einer sturen katholischen Politik als „regierungsunfähig“ abgestempelt zu werden und damit den Liberalen ihre Positionen überlassen zu müssen. Sicherlich spielte dabei vor allem mit, daß sowohl in der Schulfrage als auch bei der Verschiebung des Katho­likentages der Kaiser selbst seinen Willen kundgetan hatte und die Grün­de des Sturzes der Liberalen vor Taaffe noch in guter Erinnerung wa­ren. Die Aussichtslosigkeit einer Auflehnung gegen die Regierung wurde auch dadurch deutlich, daß diese mehrere Male wegen mißliebiger Artikel kon­servative Zeitungen beschlagnahmen ließ und somit ihren ernsten Willen bekundete, jeden Widerstand zu überwinden 145). Die konservative Partei war hoffnungslos in Opportunisten und Oppositionelle gespalten. Dies kam noch deutlicher als in Brixen bei einer Versammlung in Innsbruck am 17. Jänner 1889 zutage, an der Vertrauensmänner aus ganz Deutsch­tirol teilnahmen. Ziel der Konferenz war es, die Einheit der Partei wie­derherzustellen. Trotz einer warmen Versöhnungsrede des Abgeordneten Dr. Graf lehnten die „Scharfen“ Zallinger, Propst Wieser und Prof. Schöp­fer ab, erklärten die konservative Politik für überholt und empfahlen, die alten Geleise zu verlassen 146). Man war sich aber einig, die Wogen zumindest nicht mehr so hoch wie bisher gehen zu lassen. Dies zeigte sich, als der Antrag Liechtenstein-Rapp im Februar 1889 im Reichsrat nun endlich verhandelt wurde. Die Tiroler Konservativen betrieben die i«) TLA Statth. Präs. 7364: Widmann an Taaffe, 1888 Dezember 5. 144) TLA Nachlaß Kathrein: Fürstbischof Eugen Carl Valussi, 1889 Jänner 3 Trient. 145) Ebenda: Sebastian Glatz an Kathrein, 1888 Dezember 14. >4«) Ott Geschichte Tirols 1 257 f.

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