Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

292 Richard Schober Rücken gefallen. Eine solche Politik konnte auch eine in Tirol so absolut regierende Partei auf die Dauer nicht durchhalten. Ohnmächtig standen die Konservativen dem System des Eisernen Ringes von Taaffe gegenüber, das ihren ideologischen Zielsetzungen nicht ent­sprach und nicht entsprechen konnte. So schrieb Kathrein im November 1888: „Und das ist die Lage der deutschen katholischen Abgeordneten als Bestand­teil der aus so verschiedenen Elementen zusammengefaßten Majorität gegen­über einer Regierung, die zwar mit der liberalen Partei gebrochen hat und sich auf diese Majorität stützt, allein für die leitenden Grundsätze des posi­tiven Christentums nicht viel Verständnis zeigt und jedes Zugeständnis, das sie in dieser Richtung macht, vom allgemeinen Opportunismus aus beurteilt, welche daher den Mut und auch die Macht nicht hat, auch prinzipiell den Bruch mit den liberalen Traditionen der vergangenen Ära zu wagen“ 137). Einen weiteren, nicht unwesentlichen Grund erwähnte Kathrein nicht, daß nämlich — wie fast alle anderen Sachfragen — auch die Schulfrage am Nationalitätenproblem der Monarchie scheiterte und es sowohl dem Kaiser als auch der Regierung am Herzen liegen mußte, sich ein regie­rungsfähiges System zu erhalten. Beide Faktoren konnten im Interesse des Gesamtstaates nicht bereit sein, diesen wegen überspitzter konfessio­neller Forderungen der deutschen Konservativen zu gefährden. Der An­trag Liechtenstein-Rapp hatte der Regierung und dem Kaiser gezeigt, daß die Schulfrage nicht aus der Welt zu schaffen war. Deshalb hatte Franz Joseph versprochen, daß die Regierung eine Vorlage im Herrenhaus einbringen werde 13S). Es war daher zu erwarten, daß die Regierung auch im Herbst versuchen würde, den Schulantrag auf die lange Bank zu schieben. Taaffe setzte wieder den Hebel beim Liechtensteinklub an und ließ Franz Joseph für seine Ziele arbeiten. Da der Kaiser an der Wehrgesetzvorlage naturge­mäß sehr interessiert war, bat er erneut Prinz Liechtenstein, den Schul­antrag zu vertagen, um das Gleichgewicht in der Majorität nicht zu ge­fährden. Der Liechtensteinklub verzichtete einstimmig auf die Verhand­lung des Antrages. In einem Kommentar zu diesem Vorgang scheute der konservative Tiroler Helfer auch vor einer Kritik am Kaiser nicht zurück: „Abgesehen davon, daß das Eingreifen der Krone unparlamentarisch ist, be­greift doch jedes politische Kind, daß die Krone selbst nur von Taaffe miß­braucht wird“ * 138 139). Kathrein wollte gleich nach Bekanntwerden des Beschlusses des Liech­tensteinklubs einen Beschwichtigungsversuch durch den Volksverein star­ten lassen, doch Helfer lehnte entschieden ab. Vielmehr verlangte er den i»7) Wie Anm. 135. 138) tLA Nachlaß Kathrein: Baron Paul Biegeleben an Kathrein, 1888 De­zember 15. 139) Ebenda: Helfer an Kathrein, 1888 November 1.

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