Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe
290 Richard Schober Tirol aus gelang es, die Frage der konfessionellen Schule vorübergehend zum ersten politischen Thema in der ganzen österreichischen Reichshälfte zu machen. Auch der niederösterreichische und der böhmische Landtag setzten fast gleichzeitig Initiativen, wobei in Böhmen die Jungtscheehen wohl das Schulwesen als Landessache beanspruchten, sich jedoch gegen die Einführung der konfessionellen Schule im ganzen Reich aussprachen, da sie diese für Böhmen ablehnten 129). Der Antrag trug alle Kennzeichen eines Kompromisses an sich. Im § 6 wurde der Kirche wohl die Mitaufsicht über das ganze Schulwesen zuerkannt, im § 7 jedoch ausdrücklich die Oberaufsicht des Staates festgelegt. Die radikalen Konservativen wie Zallinger hatten deshalb den Text nicht unterschrieben. Da die Bischöfe zugestimmt hatten, bekannte sich die überwiegende Mehrheit der konservativen Abgeordneten zu diesem Antrag. Bei einem einheitlichen Vorgehen der Rechten hätte er eine Chance auf Verwirklichung gehabt, denn er bot für die Konservativen ein Maximum des Erreichbaren, welches noch im geistigen Rahmen des Reichsvolksschulgesetzes lag. Die staatliche Oberaufsicht blieb gewahrt, und der Kirche wurde eine wesentliche Mitbestimmung im Schulwesen eingeräumt. Die Rechte war aber zu einem einheitlichen Vorgehen nicht bereit. Die deutschen Böhmen, die Angst hatten, daß der böhmische Landtag mit seiner tschechischen Majorität sie unterdrücken würde, sollte die Schule zur Landessache gemacht werden, lehnten ab, und die Polen, mit denen der Führer der steirischen Konservativen Karion verhandelte, waren für den Antrag nicht zu gewinnen, weil er ihnen zu wenig Autonomie bot 13°). Die Regierung wiederum wartete ab und gab keine Erklärung zur Frage, da sie einerseits den sich abzeichnenden Konflikt mit den Liberalen scheute, andererseits mit der Uneinigkeit der Rechten rechnetem). Ausschlaggebend für das Scheitern der Aktion war die Haltung des Kaisers, der Prinz Liechtenstein zu einer Audienz bat und ihn ersuchte, den Schulantrag nicht weiter zu betreiben. Liechtenstein gehorchte und verschob die erste Lesung auf den Herbst* * 132). Die Enttäuschung der Tiroler Konservativen war verständlicherweise groß, war doch der erste ernsthafte Versuch, eine Abänderung der liberalen Schulgesetze durchzusetzen, fehlgeschlagen. Der Grund dafür war die Uneinigkeit der Rechten, deren politische Bestrebungen einfach auf keinen gemeinsamen Nenner zu bringen waren. So wie die deutschen Konservativen der Alpenländer in erster Linie die konfessionelle Seite der Sache im Auge hatten, stand für die Tschechen, Polen und deutschen Böhmen der nationale Aspekt der Schriftenaktion erbrachte schließlich allein für Deutschtirol 60.000 Unterschriften; vgl. Ott Geschichte Tirols 1 256. i2») Ebenda 250. iso) TLA Nachlaß Kathrein: Neuner an Kathrein, 1888 Jänner 16. isi) C z e d i k Ministerien 1 344 f. 132) TLA Nachlaß Kathrein: Kurat Wassermann an Kathrein, 1888 August 6.