Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

268 Richard Schober Beschwerden des Landes vorzubringen. Franz Joseph genehmigte den Emp­fang der Tiroler Delegation, jedoch geschah nichts weiter 35). Es scheint, daß die Tiroler Konservativen und Liberalen ihre Ziele in Wien gemeinsam verfolgten, während in Tirol die letzteren einen Ansatz­punkt für ihr Eindringen in die bäuerlichen Schichten zu gewinnen such­ten, die ihnen bisher trotz mehrmaliger Versuche verschlossen geblieben waren. Die rührigen Unterinntaler Liberalen versuchten sogar, mit Hilfe des oberösterreichischen Bauernführers Kirchmayr in Kufstein einen libe­ralen Bauernverein zu gründen. Der Plan fiel jedoch ins Wasser; Kirch­mayr weigerte sich zu sprechen, da ihn seine Parteigenossen wegen seiner positiven Haltung der Regierung gegenüber angegriffen hatten36). Die Regierung blieb in der Steuerfrage hart. Taaffe erklärte auf eine Reso­lution des Tiroler Landesausschusses hin, daß es wohl richtig sei, daß das neue Steuergesetz die Steuern in Nordtirol um 21% und in Italienisch- Tirol um 37% erhöhen würde, jedoch bezahle das Land nach dem alten System aus dem Jahre 1874 eine viel zu geringe Grundsteuer 37). Damit waren die Würfel gefallen. Die Konservativen befanden sich in einer politisch sehr ungünstigen Lage. Die Regierung, die sie unterstütz­ten, wies sie in der Steuerfrage schroff zurück. Irgendwie mußten sie dies ihren Wählern schmackhaft machen, denn ein Nichtzustandekommen der neuen Gesetze war mit dem Sturz der Regierung gleichbedeutend, und ein liberales Ministerium, die einzige Alternative, wäre kaum auf ihre so weit gespannten weltanschaulichen Forderungen (wie die konfessionelle Schule) eingegangen. Ein möglicher Ausweg lag in einer günstigen Inter­pretation der Lage. Den Wählern gegenüber erklärten die Konservativen nun, man müsse das Zustandekommen eines Gebäudesteuergesetzes sogar begrüßen, denn bei einem eigenen Gebäudesteuergesetz für Tirol nach dem Muster der anderen Länder, in denen die Gebäudesteuer schon seit 1820 eingeführt war, würde man noch mehr verlieren. Etwas Wahres war an dieser Argumentation: Da die Vorlage der Regierung die bisher in der Grundsteuer liegende Gebäudesteuer herausnahm, hätte Tirol, wenn das neue Gesetz nicht zustande gekommen wäre, überhaupt keine Gebäudesteuer gezahlt. Die anderen Kronländer hätten dies sicher nicht zugelassen, und es wäre zu einem eigenen Gesetz für Tirol gekommen, das die Gebäudesteuer — ohne Verhandlungen wie in den übrigen Kron- ländern — eingeführt hätte. Beim neuen Gesetz konnte man zumindest versuchen, der Regierung Erleichterungen abzuhandeln. Also schrieben die konservativen Führer auf ihre Fahnen: Lieber das neue Gesetz als die Übertragung der Gesetze der anderen Kronländer auf Tirol38). Diese Haltung der Konservativen war natürlich Wasser auf die Mühlen ihrer 35) Ebenda 583/31: 1881 Februar 10. 3e) Ott Geschichte Tirols 1 126. 37) TLA Statth. Präs. 873/31: Taaffe an Widmann, 1881 März 1. 38) Ott Geschichte Tirols 1 127.

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