Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

DIRNBERGER, Franz: „200 Jahre Burgtheater“. Auf der Suche nach einem Jubiläum

„200 Jahre Burgtheater“ 195 regelmäßige Staatszuschüsse von jährlich mindestens 40.000 fl. Die Tabelle nach S. 214 zeigt die jeweiligen Summen, soweit sie zu Vergleichszwecken dienlich sind. Daraus ergibt sich nur allzudeutlich, auf welch schwachen Beinen die verschiedenen Behauptungen stehen, die von einer vom Kaiser erhaltenen, soliden finanziellen Grundlage sprechen8S). Auch hier er­geben die Kassabücher ein anderes Bild. Die Abrechnungen wurden über­prüft und der Überprüfung folgte eine „Superrevision“. Die vielgerühmte Großzügigkeit des Kaisers Joseph beruhte auf den guten Kasseneinnah­men der Hoftheater; von hier nahm Joseph die Beträge, die er als Ge­schenke ausgab, nicht aus der Privatschatulle! Wußte Freiherr von Braun von jenem durchaus möglichen Reingewinn bei den Hoftheatern? Doch nicht nur zu seiner Zeit waren die Kassaabschlüsse positiv. Am Beginn der Koháry’schen Vermögenssequestration wurde von den Gläu­bigern ein Verwalter für die Hof theater bestimmt, der ein Jahr lang mit sparsamsten Mitteln sein Auslangen finden sollte. Das Ergebnis bildete ein Überschuß von mehr als 10.000 fl.88 89). Unter Braun ist allerdings — im Gegensatz zu jener Zeit — keine Stimme laut geworden, die über schlech­te Ausstattung der Stücke geklagt hätte. Während der Pachtung der Ka­valiere wurde 1808 Regierungsrat von Hartl beauftragt bzw. ersucht, die Hoftheater kommissarisch zu führen. Hartl hat dabei — allerdings nach seinen eigenen Worten 90) — nicht nur ein bereits vorhandenes Defizit von 80.000 fl. abgebaut, sondern sogar einen Überschuß erzielen können. Auch im folgenden Franzosenjahr vermochte er die Theater so zu führen, daß der Kassastand ausgeglichen war. 1814 hat Pálffy Hartl ersucht, vertretungsweise die Hoftheater zu führen, da Pálffy zu seinen Besit­zungen verreisen mußte. Auch diesmal erzielte Hartl soviel Gewinn, daß die bisherigen Schulden fast zur Gänze getilgt werden konnten. Moritz Graf Dietrichstein führte die Hoftheater mit einem Staatszuschuß — wie seinerzeit — von 40.000 fl. Er war beauftragt, möglichst viel von dieser Summe zu ersparen. Von Holbein und Dingelstedt ist bekannt, daß während ihrer Direktionsführung das Burgtheater nicht nur fast ohne jeden Staats­zuschuß auskam, sondern auch aus den teilweisen Überschüssen das Defi­zit der Hofoper gedeckt werden konnte. Bis weit in die Erste Republik hin­ein hatten die Direktoren der Anstalten das freie Verfügungsrecht über ein bestimmtes, auf der Grundlage ihrer Vorschläge erstelltes Jahresbud­get, mit dem sie freilich von sich aus kaum ein Auslangen gefunden hätten, wäre nicht die Vorgesetzte Hofbehörde auf die Einhaltung der vorgese­henen Mittel bedacht gewesen. Es darf aber eines nicht vergessen wer­88) So D e v r i e n t Geschichte der deutschen Schauspielkunst 387: Gegen­über den norddeutschen Bühnen lebte die Wiener Bühne in Überfluß; sie genoß „gesicherte Stabilität, von Seiten der Herrscher den besten Willen für ihre Ver­edelung, Schutz und Geldunterstüzung in Fülle, lebhaften Antheil in Adel und Volk...“. 89) Siehe Zechmeister Wiener Theater 350f. 90) Generalintendanz 223'/2 ex 1817. 13*

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