Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

DIRNBERGER, Franz: „200 Jahre Burgtheater“. Auf der Suche nach einem Jubiläum

182 Franz Dirnberger Doch zurück in die Zeit der Kavaliere. Sie mußten sich während der französischen Besatzung eine französische Schauspielergesellschaft am „Burgtheater“ gefallen lassen, welche ihnen keinerlei Einkünfte brachte. In dieser Zeit mehrten sich die Versuche, mit denen Baron Braun bereits begonnen hatte48): für fremdsprachige Sprech- und Singstücke deutsche Schauspieler heranzubilden. Vor allem Sänger für die italienischen Opern waren gefragt, denn sie kamen weitaus billiger als die „Wellschen“, wie die bisherigen Beispiele bewiesen. Die Errichtung einer Schauspielschule wurde — nicht zuletzt von Pálffy — wiederholt angeregt. Die Vorschläge verhallten, weil damals der gescheiterte Versuch einer Schauspielschule, die J. H. F. Müller in Privatinitiative geführt hatte, noch zu gut im Be­wußtsein der Verantwortlichen geblieben war. Doch einzelne hervorra­gende Schauspieler haben — natürlich gegen Honorar — wiederholt in Privatstunden Unterricht erteilt, was von den Hofbehörden nicht nur ge­duldet, sondern sogar honoriert wurde. In einigen seiner zahlreichen Bettelbriefe an Kaiser Franz um Staats­zuschuß erbat sich Pálffy auch eine Klarstellung, welche Art von Spek­takel der Kaiser überhaupt haben wolle. Pálffy wollte für den Fall Vorsorgen, daß er sich wegen des steigenden Abganges früher oder später auf das Äußerste der Pachtverpflichtung zurückziehen, d. h. eines der Hoftheater schließen müsse. Erst am Ende der Pacht erließ der Kaiser ein geheimes Handschreiben an den Finanzminister Johann Philipp Graf Sta­dion, in welchem er Vollmacht, mit Pálffy unter Anwendung von Druck zu einem möglichst günstigen Arrangement hinsichtlich der Pachtabtre­tung zu kommen, erteilte: „Übrigens finde Ich Ihnen zu eröffnen, daß Ich sodann bloß deutsche Schau­spiele und deutsche Singspiele zu unterhalten gesinnt bin“. Franz wiederholte anläßlich der Genehmigung des mit Pálffy abge­schlossenen Ablösevertrages im Vortrag von Stadion vom 3. April 1817: „Da Ich ferner in Meinem Handschreiben vom 14. März d. J. Meine Gesinnung dahin zu erkennen gegeben habe, daß bloß deutsche Schauspiele und Sing­spiele beibehalten werden sollen, so sind Mir ohne Verzug die Auskünfte zu erstatten, wann und mit welchen Modalitäten die Abstellung der Ballete er­folgen könne ...“ * 47). Nur mit Mühe gelang es, das Ballett in bescheidenem Ausmaß zu erhalten, wie der Kaiser in einem entsprechenden Antrag des Finanzministers resol vierte: „Ich gestatte die Beybehaltung des Ballets, insoweit es zur Aushilfe und Unter­stützung der Oper und dem Interesse der Hoftheaterkasse nicht abträglich ist... und versehe Mich, daß Sie hiebey die möglichste Schonung der Hoftheaterkasse im Auge behalten werden“ 4S). 4«) Ebenda 216 ex 1802. 47) Ebenda 189 ex 1816 (Vortrag bzw. Resolution und Handschreiben). 48) Ebenda 220 ex 1817.

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