Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

DIRNBERGER, Franz: „200 Jahre Burgtheater“. Auf der Suche nach einem Jubiläum

,200 Jahre Burgtheater' 175 ter von Pacassi neu aufbauen. Die Hof regie währte bis 1765. Ende dieses Jahres bewarb sich der frühere Ballettmeister Hilverding van Wewen um die Hoftheaterpacht. 1766 bis 1772 sollte der Vertrag laufen. Hilverding wurde 1767 von Afflisio abgelöst, und dieser trat Koháry die Pacht ab, die bis 1779 verlängert wurde. Im März 1776 übernahm der Kaiser — so heißt es allgemein — nur das „Burgtheater“ und ließ es unter Hofver­waltung weiterführen, während er das Theater beim Kärntnertor ver­schiedenen Truppen und Unternehmern auf deren eigene Kosten für mehr oder minder lange Zeit zu überlassen befahl. Nachdem auch das Kärntnertortheater noch unter Joseph II. in Hof regie übergegangen war, überließ Kaiser Franz dem Bankier Peter Freiherrn von Braun von 1794 bis 1806 wieder pachtweise die Hoftheater unter dem Titel „Vicedirektor“. Braun trat den Pachtvertrag, der vorher bis 1819 prolongiert wurde, 1807 an eine neunköpfige Gesellschaft von Kavalieren26) ab, deren „Präses“ Fürst Eszterházy war. 1810 schrumpfte diese Gesellschaft auf Fürst Eszter- házy, Fürst Lobkowitz und Graf Pálffy zusammen. 1811 führte Fürst Lobkowitz das Kärntnertortheater, Graf Pálffy das „Burgtheater“. Dann trat Pálffy zurück. 1814 löste Pálffy den Fürsten Lobkowitz ab, um 1817 selbst die Theater an den Kaiser, den Hof bzw. den Staat zurück­zugeben, wobei allerdings vorher der Pachtvertrag von 1819 bis 1824 ver­längert wurde. Nachdem, wie bis 1776, fast alle Pächter mit außerordent­lich hohen Verlusten und zahlreichen Konkursen — die Parallelen der Pachtungen von 1741 bis 1752, von 1766 bis 1776 und von 1794 (bes. 1807) bis 1817, besonders die letzten beiden, sind frappierend — abgegangen waren, wurden die Hof theater am Ostermontag 1817 (wie 1776 am Oster­montag) unter der Leitung eines Hofkommissärs (Hofrat der Finanzen Claudius Ritter von Fuljod) eröffnet. Die Hofregie war nur provisorisch und unterstand zunächst dem Finanzminister Graf Stadion, der mit der Erarbeitung eines Entwurfes für den künftigen Betrieb (ob weitere Hof­regie oder Wiederverpachtung) beauftragt war. Dem Kaiser war die Eigenregie ein Dorn im Auge (obwohl man ihn ebenso einen Theater­direktor nennen könnte, wie man seinen Vorgänger Joseph bezeichnet hat)27). Aus diesem Grunde ging das Kärntnertortheater 1821 neuer­dings an einen Pächter über und blieb bis 1848 (mit Staatszuschuß) ver­pachtet. Noch am Beginn der Republik drohte den beiden ehemaligen Hoftheatern eine Verpachtung — es existierten einige Bewerber —, die von seiten des damaligen Staatsamtes für Finanzen betrieben, aber von Vizekanzler Breisky energisch zurückgewiesen wurde28). 26) Die Fürsten Nikolaus Eszterházy, Franz Joseph Lobkowitz, Joseph Schwarzenberg; die Grafen Franz Eszterházy (sen. und jun.), Hieronymus Lo- dron, Ferdinand Pálffy, Stephan Zichy. 27) Rudolf Payer von Thurn Joseph II. als Theaterdirektor. Unge­druckte Briefe und Aktenstücke aus den Kinderjahren des Burgtheaters (Wien— Leipzig 1920). 2S) Allgemeines Verwaltungsarchiv Wien (= AVA) Ministerratsprotokoll

Next

/
Thumbnails
Contents