Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger
WINTER, Otto Friedrich: Personalunterlagen des Zweiten Weltkrieges im Kriegsarchiv
Personalunterlagen des Zweiten Weltkrieges 51 enormem Zeitdruck standen, da die Nachfrage nach Wehrdienstbescheinigungen, ausgelöst vor allem durch die Sozialgesetzgebung seit 1956, vehement einsetzte und bis in die Gegenwart kaum eine Abschwächung erfahren hat. Es darf nicht wundernehmen, daß es erst unter jahrelangem, aufopferndem Einsatz des gesamten Personals gelang, den Dienstbetrieb wieder halbwegs zu normalisieren und der gestellten Aufgabe in zufriedenstellender Weise gerecht zu werden. So erscheint nun auch der Zeitpunkt gekommen, einen ersten zusammenfassenden Überblick und Erfahrungsbericht vorzulegen, der in folgende Abschnitte gegliedert sein soll: 1. Die gesetzlichen Grundlagen für diese Tätigkeit, 2. Die Erfassung und Ordnung der militärischen Personalunterlagen des 2. Weltkrieges in Österreich, 3. Personelle und organisatorische Regelungen, Abgrenzung der Zuständigkeiten, Zusammenarbeit mit anderen Stellen, 4. Bestandsübersicht der Abteilung 2. Weltkrieg des Kriegsarchivs. 1. Die gesetzlichen Grundlagen. Anläßlich der Wiederherstellung der Republik Österreich wurden nach dem Behördenüberleitungsgesetz der Staatskanzlei bzw. dem Staatsamt für Heerwesen „die Angelegenheiten der Personal- und Sachdemobilisierung der Deutschen Wehrmacht, die Heimführung der Kriegsgefangenen, die Ausforschung der Kriegsvermißten und die Kriegsgräberfürsorge“ übertragen3). Das Staatsamt für Heerwesen wurde jedoch, bevor es hinsichtlich der Erfassung der militärischen Personalunterlagen eine größere Aktivität entfalten konnte, auf Befehl des alliierten Rates aufgelöst. Seine Kompetenzen wurden zum Teil - Kriegsgefangene und Vermißte, Kriegsgräberfürsorge - einer Abteilung des Bundesministeriujns für Inneres, im übrigen dem nach § 1 (2) des Behördenüberleitungsgesetzes im Rahmen der Staatskanzlei bzw. später des Bundeskanzleramtes bestellten „Liquidator der Einrichtungen des Deutschen Reiches“ übertragen, der die Sammlung von Personalunterlagen der Deutschen Wehrmacht - fast ausschließlich im Bereich von Wien und Niederösterreich - fortsetzte und Dienstzeitbescheinigungen ausstellte. In den Bundesländern der westlichen Besatzungszonen wurde dieselbe Aufgabe meist Landesevidenzstellen übertragen, die bei den Ämtern der Landesregierungen eingerichtet wurden. Für das Schriftgut der militärischen Lazarette auf österreichischem Boden fungierte das im Rahmen des Bundesministeriums für Soziale Verwaltung geschaffene „Zentralarchiv des Landesinvalidenamtes“ in Wien als Sammelstelle. Die Befugnisse des Liquidators gingen nach 1955 an das Referat Il/n des Bundeskanzleramtes über, das 1957 die militärischen Personalunterlagen an das Kriegsarchiv abgab, dem als nunmehriger Verwahrungsstelle mit Weisung des Bundeskanzleramtes vom 20. März 1958 die Ausstellung von Dienstzeitbescheinigungen und die entsprechende Auskunftstätigkeit auf 3) Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich 23/1945 von 1945 Juli 28, Nr. 94/115, § 3 (2) 1. 4*