Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger
MECHTLER, Paul: Die Anfänge der Phototechnik im österreichischen Archivwesen
Anfänge der Phototechnik 31 Kargs vom Wehrdienst abgelehnt43). Noch im Jahre 1944 konnte, allerdings auf schlechtem Papier, eine Aktenpublikation des Reichsarchivs Wien über den Burgundischen Kreis erscheinen. Der Kommissar für Archivschutz und Leiter der Archivabteilung im Reichsinnenministerium, Generaldirektor der Staatsarchive und Direktor des Reichsarchivs, Dr. Ernst Zipfel, war zweifellos erfolgreich bestrebt, trotz des Krieges den Dienstbetrieb in den Archiven, denen verschiedene Gefahren drohten (Luftkrieg, Abgaben an Parteistellen, Altpapiersammlungen), in einem möglichst weitgehenden Umfang aufrecht zu erhalten. Er hielt auf der ersten Tagung der 1941 gegründeten Deutschen Gesellschaft für Dokumentation, die vom 21.-24. September 1942 in Salzburg stattfand, einen Vortrag über die Dokumentationsaufgabe der Archive*4). Die Entwicklung der vorwiegend bibliothekarischen Dokumentation (dieser Ausdruck wird seit etwa 1908 in der heutigen Bedeutung verwendet) war eng verbunden mit der Ausarbeitung von Normen und der Verwendung des Mikrofilms. Selbst während des Krieges wurden in Deutschland die vorwiegend in den USA erzielten Fortschritte auf diesem Gebiet eingehend verfolgt. Die erste Dokumentationsstelle im heutigen Sinne ist im Jahre 1934 bei der Bibliothek des Landwirtschaftsministeriums in Washington eingerichtet worden, und einige Jahre später begannen die dortige Kongreßbibliothek und die Universitätsbibliothek in Chicago mit der Massenverfilmung von Zeitungsbänden und alten Bibliothekswerken auf 35 mm Filmen. Auf Grund dieser Erfahrungen konnten von den USA gleich nach Kriegsende die Aufnahmen von ganzen Ministerialregistraturen der ehemaligen Feindländer durchgeführt werden. Die englische Armee hatte während des Krieges das sogenannte Aircraft-System angewandt: Feldpostbriefe mit weiten Zielstationen wurden zwecks Einsparung von Gewicht und auch aus Sicherheitsgründen auf Mikrofilmen aufgenommen45). Die letzten Kriegswochen führten situationsbedingt auch zu Einbußen in den Inventarbeständen der Bildstellen der Wiener Archive. Die im Kriegsarchiv erhalten gebliebenen Geräte wurden an die zuständige Bundesgebäudeverwaltung abgeführt. Die neugebildete Generaldirektion des Österreichischen Staatsarchivs führte nur die zentrale Bildstelle des ehemaligen Reichsarchivs, zunächst im eigenen Wirkungskreis, weiter, deren Ausstattung durch die aufgelassene Dienststelle des Allgemeinen Verwaltungsarchivs ergänzt wurde; am 10. November 1947 wurden unter anderem der Generaldirektion eine Leicakamera, ein Rajah-Vergrößerungsapparat und ein Lumoprint-Pho- tokopiergerät übergeben46). Im November 1948 ist schließlich diese Institution zu der Photostelle des Bundeskanzleramtes und des Österreichischen Staatsarchivs umgewandelt worden; diese erhielt allein im Jahre 1949 vom Haus-, Hof- und Staatsarchiv Aufträge in der Höhe von S 13.634,-, eine 43) Reichsarchiv Wien Direktion 3042/1943. 44) (Leipzig 1943) 128. 45) Biehler Handbuch 31 und 177. 46) Generaldirektion ÖStA 1717/1947.