Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger

NECK, Rudolf: Oswald Redlich und das österreichische Archivwesen

OSWALD REDLICH UND DAS ÖSTERREICHISCHE ARCHIVWESEN Von Rudolf Neck In seinem grundlegenden Werk über die Geschichte des österreichischen Ar­chivwesens1) hat Walter Goldinger in eindrucksvoller Weise auf die im Ver­gleich zu vielen anderen Ländern unbefriedigende Entwicklung in Österreich hingewiesen. Eine gewisse Rückständigkeit machte sich im Laufe des 19. Jahr­hunderts immer mehr bemerkbar, und zwar weniger auf dem Gebiet des Ar­chivalienschutzes, zu dem es gewisse Anfänge gegeben hat, als vielmehr im Bereich der Organisation des staatlichen Archivwesens überhaupt. Hier wa­ren von Anfang an Staaten wie Frankreich, Italien nach der Einigung, aber auch Preußen und Bayern unserem Land vorausgeeilt. Dies ist umso merk­würdiger, als die Ausbildung der Archivare seit der Gründung des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 1854 gerade in Österreich hervorra­gend wurde. Nur einige Jahrzehnte um die Jahrhundertwende, am Ausgang der Habsburgermonarchie und in den Anfängen der Republik, waren Bestre­bungen zu einer umfassenden Neuorganisierung des österreichischen Ar­chivwesens zu verzeichnen. Es mag für uns Archivare besonders erfreulich erscheinen, daß diese Versuche untrennbar verbunden sind mit der Persön­lichkeit eines der größten Historiker, den unser Land hervorgebracht hat, auf jeden Fall mit einem Forscher und Geschichtsschreiber, dessen universales Format gerade von seinem Österreichertum geprägt erscheint. Oswald Redlich2) kam aus der Schule Fickers, Hubers, Mühlbachers und Sickels, unter dem er das Institut absolvierte. Sein wissenschaftliches Werk zeichnet sich durch eine intime Kenntnis der Quellen aus, in deren Studium er die Voraussetzung jeder ernsten historischen Arbeit erblickte. So kam er bald als junger Privatdozent der Universität Innsbruck nach Wien, wo ihm neben der österreichischen Geschichte auch die historischen Hilfswissen­schaften anvertraut wurden. Wer heute sein wissenschaftliches Lebenswerk überblickt, wird erstaunt sein über die Breite seines Spectrums. Ausgehend von frühen Studien zur wissenschaftlichen Landeskunde Tirols, hat er her­vorragenden Anteil an den Vorstudien zum historischen Atlas der Alpenlän­') Walter Goldinger Geschichte des österreichischen Archivwesens (MÖStA Erg. 5, 1957) 2f. 2) Vergl. über ihn besonders: Leo Santifaller Oswald Redlich in MIÖG 56 (1948) Iff und Karl Lechner Oswald Redlich (1858—1944) in Neue österreichische Biogra­phie. Große Österreicher 13 (1959) 146ff.

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