Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 28. (1975) - Festschrift für Walter Goldinger

BROUCEK, Peter: Der Nachlaß Feldmarschall Conrads und das Kriegsarchiv

Nachlaß Conrad 165 eines Einzelgängers eines besseren belehrt2); leider verschwanden die Funde im Strudel der Ereignisse beider Weltkriege. Soweit Erzherzog Carl nicht in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts durch oftmalige Donationen mit Schriften und Akten aus seinem Besitz die Bestände des Kriegsarchivs bereichert hatte, wurde sein Nachlaß am Beginn der zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts nach Ungarisch-Altenburg geschafft, 1945 verstaatlicht und 1956 durch sowjetische Granaten schwer in Mitleidenschaft gezogen. FM Erzherzog Albrecht hielt zahllose militärische Korrespondenzen, Schriften und Akten in den verschiedenen Überheferungsformen bei seinen Papieren zurück, - sie erlitten dasselbe Schicksal. Soweit das Schriftgut des langjäh­rigen Chefs des k. u. k. Generalstabes Generaloberst Friedrich Graf Beck- Rzikowsky nicht 1943 dem Kriegsarchiv übergeben wurde, fiel es dann den Bomben zum Opfer; darunter befanden sich die unersetzlichen Tagebücher. Den Abschluß in der Reihe überragender kaiserlicher Heerführer bildete zweifellos Feldmarschall Franz Graf Conrad von Hötzendorf. Er war der Chef des Generalstabes 1907 bis 1911 und 1912 bis 1917, der zeitweise ein­flußreichste Mann in „Österreich-Ungarns letztem Krieg“. Bewunderer und Schüler haben diese Machtstellung nicht mehr hervorgehoben als Beurteiler aus zeitlicher Distanz und Kritiker. Für das Archivwesen und die Ge­schichtsschreibung von Bedeutung war aber jedenfalls die Frage seines schriftlichen Festlegungs- und Mitteilungsbedürfnisses. Alle, die seine Ar­beitsweise beobachten konnten, betonten, wie sehr der Feldmarschall der Abfassung von Denkschriften aus den verschiedensten Gründen gegenüber mündlichen Referaten oder Unterhandlungen den Vorzug gab. Daß er zeit­weise ein Tagebuch führte, Notizbücher anlegte, ist ebenso bekannt3), wie daß Conrad als „Briefschreiber par excellence“4) bezeichnet wurde - Brief­schreiber im halboffiziellen wie im privaten Bereich. Als daher der Feldmar­schall in der militärischen Fachzeitschrift Militärwissenschaftliche und Technische Mitteilungen von dem angesehenen Militärschriftsteller General­major a. D. Hugo Kerchnawe in einem der vielen Nachrufe als „ein Wahrzei­chen einer alten großen Armee, ein geradezu typischer Repräsentant dieser Armee, ein typischer Repräsentant seiner Heimat, die letzte große Erschei­nung des alten Reiches, ihr größter im heutigen Österreich geborener Sol­2) Amgewählte Schriften des Raimund Fürsten Montecuccoli, General-Lieutnant und Feldmarschall. Hg. von der Direction des k. u. k. Kriegs-Archivs. Bearbeitet von Hauptmann Alois Veltzé, 4 Bde (Wien - Leipzig 1899—1900); Adalbert Fuchs Briefe an den Feldmarschall Raimund Graf Montecuccoli. Beiträge zur Geschichte des Nordi­schen Krieges in den Jahren 1659—1660 (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Neu­ere Geschichte Österreichs 2, Wien-Leipzig 1910). 3) Edmund Glaise-Horstenau Die Denkwürdigkeiten des Feldmarschalls Con­rad in Militärwissenschaftliche und Technische Mitteilungen (künftig: MWM) 56 (1925) 482^86. 4) Johann Christoph Allmayer-Beck Conrad von Hötzendorf als Briefschreiber in MÖStA 25 (1972) 484-491.

Next

/
Thumbnails
Contents