Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)
AL-SAMMAN, Tarif: Untersuchungen zur osmanischen Tugra
14 Tarif Al-Samman B. Innere Merkmale: Darunter verstehen wir die textlichen Elemente in enger Beziehung zur künstlerischen Ausgestaltung, da diese nur aus dem Wort- und Buchstabenbestand zu deuten ist. a) Der Text beschränkt sich auf Namen und Titel. Auf den Namen des Herrschers folgt das Wort „ben“ (ibn), an das sich der Name des Vaters knüpft. Auch der Titel des Vaters „Hän“ 78) wird hinzugefügt. Dazu kommt das Attribut des Herrschers „muzaffar da1 iman“ (immer siegreich). b) Die Grundform der Tugrä, die dann für immer gleichgeblieben ist, wurde nach dem 14. Jahrhundert gebildet. Sie wird geprägt durch den Namen des Herrschers in der unteren Zeile, besonders aber durch die ovale Schleife, die von dem darüber geschriebenen Wort „ben“ in weitem Bogen nach links ausschwingt. Der Ausläufer dieser linksseitigen Schleife zieht sich weit über das eigentliche Zeichen nach rechts hinaus. Wieder darüber folgt der Name des Vaters mit dem darüber stehenden Titel „Hän“, dessen n (nun) parallel zum ersten größeren Bogen nach links ausschweift. Die drei Schäfte (Arme) der Tugrä gehören verlängerten a (alif)-Buchstaben des Textes an: ein Schaft dem Titel „Hän“‘, die zwei anderen dem Namen des Herrschers bzw. dem des Vaters. Alle drei laufen parallel nach oben und durch- schneiden die nach rechts gezogenen Kurven. Am Anfang steht der Name des Herrschers und der Name des Vaters. Der von ovalen Kurven gebildete Tugräschild wurde in späterer Zeit teilweise von seinem Inhalt gelöst79), sodaß die Namen des Herrschers und dessen Vaters ganz am Fuße der Schäfte standen, wo sie einen Knäuel von Schriftzügen bildeten, die manchmal auch eine geometrische Figur darstellten. Diese nannte man „§era 80 81“). Auf die langen Schäfte zwischen diesen Knäueln und dem ovalen Schild schrieb man dann das Attribut „muzaffar“ (siegreich), mit dem Zusatz „dähmafn)“ (immer) 81), der in Form einer weitgehend stilisierten Tugrä mitten auf dem ovalen Schild steht. Das Schlußalif von ,,dä5ima(n)“ wird verlängert und kreuzt manchmal das kleine Oval; aber auch der letzte Buchstabe von „muzaffar“ erscheint in die Länge gezogen und durchschneidet nach links die Kurven mit schönen Schleifen. Später wurden die beiden Ausläufer der Kurven nach rechts verlängert und erhielten eine sehr elegante Form. Die drei Schäfte aber werden — schon im frühen Stadium — von oben nach unten von je einer Wellenlinie begleitet. Rechts oben, auf dem freien Feld neben der Tugrä, zeichnete man oft Blumenschmuck, besonders auf der 78) Sultan Mahmüd I. (1730—1754) setzte „Hän“ hinter seinen Namen, während bis dahin der Titel immer hinter dem Namen des Vaters gestanden war. Vgl. Fekete Einführung XLIII und Wittek Notes 279. 79) Deny Die Tugrä 892. 80) Sere bedeutet ungefähr „die kleine Spanne“ oder, nach der Handdrucktheorie, „die Entfernung zwischen Daumen und kleinem Finger“. 81) Das Wort ,,dä:>ima(n)“ ist abgekürzt und mit Ligatur geschrieben.