Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 27. (1974)

THOMAS, Christiane: „Moderación del poder“. Zur Entstehung der geheimen Vollmacht für Ferdinand I. 1531

Moderation del poder 109 vertraute Schwester Maria, der gegenüber er im September 1531 seine Ent­täuschung über Karls mangelnde Unterstützung nicht verhehlte30), erfuhr nichts. III Echte Sorge bereitete ihm, daß er einen Monat später noch immer keine diesbezüglichen Schriftstücke in der Hand hatte. Es war befremdend, daß sich der kaiserliche Bruder — ganz abgesehen von seiner geringen Mittei­lungsfreudigkeit — nach dem 15. Januar zum Thema „election et corona­tion“ und deren Konsequenzen nicht äußerte, so als sei schon in Aachen alles bis ins letzte Detail geregelt worden 31). War es Desinteresse Karls am Schicksal des Jüngeren, mit dem er sich nur dann wirklich auseinan­dersetzte, wenn Ferdinand ihn mündlich bedrängen konnte? Der „Expedi­tionsschub“ der gemeinsamen Tage erfuhr keine Fortsetzung. Hatte die Trennung den Faden der Kommunikation von seiten Karls abreißen las­sen? Als sich Ferdinand am 17. Februar über die Verzögerung beklagte, die man weniger rücksichtsvoll als hartnäckiges Schweigen auslegen könn­te, waren weder „el poder“ (die ostensible Vollmacht) noch die „letras de obediencia“ für alle Reichsstände und die Mandate über die Durchfüh­rungsbestimmungen zum Augsburger Reichstag an ihn gelangt32). Sogar die Aufforderung zur Huldigung an die Reichsstädte vom 14. Januar war zurückgehalten worden 33) und kein Anzeichen für die Existenz des gehei­men „sommaire“ gegeben 34). Es fehlten dem König also alle Unterlagen zur Bekämpfung der seine Interessen berührenden Schwierigkeiten. Wichtige Zeit war verstrichen, und die Zurückhaltung Karls mutete wie eine Mißachtung der heiklen Situation an, in der sich Ferdinand befand. Ohne mit der ihm nach Wahl und Krönung zustehenden Macht, die nach seiner Ansicht „o por ver- guenga o por miedo“ Gehorsam im Reich erzwingen würde3S), ausgestat­tet zu sein, hatte er tatenlos zuzüsehen, wie sich rings um ihn ein Netz von gegnerischen Allianzen spann, dessen allzu feste Verknüpfung nur 30) Ferdinand an Maria, 1531 September 25 Stuttgart: HHStA Belgien PA 11. 31) Es liegt für die Zeit von 1531 Januar 15 bis Februar 14 (Ankündigung der Vollmachten) nur ein Brief Karls an Ferdinand von 1531 Januar 21 Huy, vor: FK 8—11 n. 448. 32) Ferdinand an Karl, 1531 Februar 17 Linz: FK 45 n. 459/3. 33) Ankündigung der Absendung: Karl an Ferdinand, 1531 Februar 10 Brüssel: FK 34 n. 457 b/2. 3i) Zumindest fehlt jede Erwähnung durch Ferdinand in den Briefen an Karl. 35) Ferdinand an Karl, 1531 Februar 17 Linz: FK 45 n. 459/4.

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