Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

SEIDE, Gernot: Wiener Akten zur polnisch-revolutionären Bewegung in Galizien und Krakau 1832–1845

302 Gernot Seide scher Seite ging man gegen die Partisanen nach ihrer Gefangennahme äußerst streng vor36). So wurden zwei gefangene Freischärler von russischen Truppen bei Chwalowice an die polnisch-russische Grenze geführt und dort nach einer kurzen Gerichtsverhandlung zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde sofort vollstreckt und die beiden Gefangenen zwischen zwei Grenzpfählen öffent­lich als Hochverräter gehenkt. In einer Note an Metternich schreibt Graf Hardegg, Oberbefehlshaber der Truppen in Galizien, zu diesem Vorfall: „Obwohl diese Sache nicht von besonderem Belang ist, ist sie ihren For­men nach berechnet gewesen, um auf die noch in Galizien verborgenen Flüchtlinge abschreckend zu wirken“ 37). Besser kamen jene Gefangenen davon, die den Österreichern in die Hände fielen. Von insgesamt 60 Ge­fangenen wurden einmal nur fünf zu schweren Strafen verurteilt, während die anderen freigesprochen wurden. Von den fünf wurden zwei zum Tode verurteilt, dann aber zu 20 beziehungsweise 15 Jahren schweren Kerkers begnadigt, die anderen erhielten Freiheitsstrafen zwischen fünf und zehn Jahren. Die Teilnehmer waren meist unter 30, nur ein einziger war äl­ter 38). Doch fanden diese Freischärler nicht nur bei der Bevölkerung Zuflucht und Schutz, sondern selbst bei höchsten k. k. Beamten. So wurde gegen den Kreishauptmann von Tarnów, Freiherrn von Escherich, Klage geführt, da mit seinem Wissen von Tarnów aus ein Einfall nach Polen stattgefunden hatte. Als man Escherich nach der Rückkehr der Gruppe davon Anzeige erstattete, unternahm er nichts zu ihrer Verhaftung. Als der Polizeiunterkommissar Kamienowbrodzki die Polen verhaften ließ, wurden die Wachsoldaten tätlich angegriffen und mit Steinen beworfen, Kamienowbrodzki selbst in einen Hinterhalt gelockt und von einer „schon früher verabredeten Gesellschaft mit großen Stöcken schwer mißhandelt“. Der Kreishauptmann, von dem man wußte, daß er es „mit der polnischen Parthey nicht verderben wollte“, wurde nach diesen Vorfällen vom Dienst suspendiert und mußte Galizien verlassen, „da man itzt Ernst brauchen werde, und dieser muß vor allem gegen die eigenen Diener (Staatsbeam­ten) in mehr oder minderem Grade ausgedrückt werden“, zumal es „wie­derholt zu ähnlichen Fällen gekommen war“ 39). In einer Zirkularnote vom 20. Mai 1833 wurden die Kreisvorsteher von Galizien darauf aufmerksam gemacht, daß alle Polen in der kürzesten Zeit außer Landes zu schaffen seien, um Störungen der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit von den k. k. Provinzen abzuwenden 40). Gleichzeitig 36) Bericht Stiebers (ohne n.) von 1842 [Sommer]: HHStA Kabinettsarchiv (KA) Kaiser Franz-Akten 211. w) Note Hardeggs n. 612 von 1833 Juni 5: HHStA CA. 38) Bericht Stiebers (wie Anm. 36). 3») Protokoll n. 574 von 1833 Juni 5: HHStA CA. 40) Zirkularnote n. 565 von 1833 Mai 30, ebenda.

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