Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

KÖFLER, Werner: Beiträge zum Urkundenwesen Meinhards II. in den Jahren 1271 bis 1295

Urkundenwesen Meinhards II. 65 und sein Wirken wären einer näheren Untersuchung wert; es darf aber schon hier nach dem Gesagten festgestellt werden, daß ihm zumindest in den Jahren um 1290 eine Spitzenstellung in der Wirtschaftsverwaltung zukam! Rudolf von Isny erreichte zu Lebzeiten Meinhards nicht die gleiche Selbständigkeit in Finanzangelegenheiten wie ein Otto Kerlinger. Er führt zwar die Rechnungsprotokolle — aber dies in Anwesenheit Meinhards, letzterem wurde Rechenschaft gegeben über Einkünfte und Ausgaben, nicht dem Protokollierenden. Auch ist er nicht der einzige Protokollführer der Raitungen. Der große Unterschied liegt im wesentlichen darin, daß Otto Kerlinger selbst als aktiver Verwalter der Finanzen und Kassen auf- tritt, ihm wurden Erträgnisse aus Urbarämtern, Gerichten, Zollstätten usw. abgeliefert, ihm oblag deren weisungsgemäße Verwendung. Er ist ein echter Vorläufer des Obersten Amtmannes des 15. Jahrhunderts! Wilhelm43) war einer der meistbeschäftigten Notare. Ob er geist­lichen oder weltlichen Standes war, kann von der Zeugenreihung her nicht beantwortet werden. Die Bezeichnung „dominus“ wird ihm nur in einer kanzleifremden Ausfertigung zuteil, von der allein etwas abzuleiten ge­wagt erscheinen muß. Dasselbe gilt für die einmalige Betitelung als „ma­gister“. Möglicherweise war er wie Heinrich von Klausen ursprünglich ein Vertreter des einheimischen Berufsschreibertums44). Jedenfalls sehen wir ihn noch im Jahre 1271 bereits erwiesenermaßen als der Kanzlei Mein­hards zugehörig und zwar im Kreise seiner Kollegen Albero und Rudolf. Dieses Dreigespann sollte dann bis zum Ausscheiden Alberos die Hauptlast der Schreibgeschäfte und verschiedenster diplomatischer Missionen tragen. 1282—83 tritt an die Stelle Alberos der Notar Dietrich und ab 1287 arbei­ten Wilhelm, Rudolf und Ulschalk zusammen. Wilhelm ist der Mundator zahlreicher Empfängerfertigungen und einer Beurkundung in fremder Sache. Solche Empfängerfertigungen weisen nicht nur das Bestehen einer entwickelten Kanzlei nach, sondern setzen auch eine bedeutsame Schrei­berpersönlichkeit voraus. Von seinen zahlreichen Reisen mit dem Landes­fürsten verdient seine Begleitung nach Wien im Herbst 1277 und 1281 her­vorgehoben zu werden. 1277 ging es um den Streit mit Bischof Heinrich «) Er schrieb folgende Urkunden: Reg. 4, 19, 21, 22, 83, 157, 160, 212, 226, 307, 309, 312, 315, 323, 343, 357, 385, 391, 629, 685. 44) Dessen Entstehen hat Heinrich A p p e 11 für den Eisack- und Pustertaler Raum in seiner Einleitung zum 2. Teil der Urkunden der Brixner Hochstifts­archive 1295—1336 nachgewiesen: „Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts läßt sich nämlich in unseren Gegenden (Eisack- und Pustertal) ein Schreiberstand nach- weisen, der eine gewisse Verwandtschaft mit den von Heuberger so eingehend charakterisierten Notaren aufweist. Freilich sind die bekannten Unterschiede vorhanden; die Urkunden dieses Schreibers erhalten die Beweiskraft durch das Siegel, ihr Formular ist nicht unmittelbar römischrechtlich beeinflußt; die Schreiber gelten nicht als Personen öffentlicher Glaubwürdigkeit“: Leo Santi- f a 11 e r - Heinrich A p p e 11 Die Urkunden der Brixner Hochstiftsarchive 1295— 1336 2 (Leipzig 1943) 1. Mitteilungen, Band 26 5

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