Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

OBERMANN, Karl: Die österreichischen Reichstagswahlen 1848. Eine Studie zu Fragen der sozialen Struktur und der Wahlbeteiligung auf der Grundlage der Wahlakten

374 Karl Obermann Verwaltungen tätigen Beamten sowie Richter, Advokaten, Ärzte und Geistliche Interesse bekundeten, im neuen konstitutionellen Leben her­vorzutreten. Das gleiche gilt von den Besitzbürgern, namentlich den Fa­brikanten, Kaufleuten und Handelsmännern. Sie strebten danach, ihre Klasse entsprechend ihrer ökonomischen Stellung auch politisch stärker zur Geltung zu bringen. Was nun die Vertretung des gewerblichen Klein­bürgertums, der selbständigen Handwerker bzw. Handwerksmeister, der sogenannten Gewerbsleute unter den Wahlmännern, betrifft, so war ihre zahlenmäßige Stärke in den verschiedenen Provinzen und Wahlbezirken recht unterschiedlich. Ihre Zahl drückte im wesentlichen die noch beträcht­liche wirtschaftliche Bedeutung der gewerblichen Kleinproduktion aus, je­doch kennzeichnen die verschiedenen unterschiedlichen Berufe auch die Zersplitterung im Kleinbürgertum. Die Wahlmänner aus dem gewerbli­chen Kleinbürgertum hielten sich zumeist an die Vertreter des Besitzbür­gertums und der Beamtenschaft, die im Wahlmänner-Kollegium eine füh­rende Rolle anstrebten. Der Anteil des gewerblichen Kleinbürgertums er­gibt sich auch aus der Analyse der Urwähler-Verzeichnisse, doch geht aus diesen Verzeichnissen vor allem hervor, welche Berufe, bzw. Schichten und Klassen nicht zu den Wahlberechtigten gehörten. Die Wahlakten bie­ten also nicht nur einen Einblick in den Verlauf der Wahlen und die Wahl­beteiligung, sondern auch Material für eine Analyse der Sozialstruktur der Bevölkerung.

Next

/
Thumbnails
Contents