Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert

14 Max Weltin landesfürstlichen Besitz innerhalb der Herrschaft Wels okkupierte 64). Die dort eingesetzten herzoglichen Amtleute, allen voran der schon erwähnte Heinrich Vorprot, waren nicht in der Lage, den ehemaligen „scriba“ daran zu hindern, und so baten sie den Herzog, das Einschreiten Alberos von Pol­heim zu veranlassen 6S). Die Schwäche der landesfürstlichen Verwaltung selbst in ihrem engsten Herrschaftsbereich, dem Kammergut, wird hier deutlich und es wird auch verständlich, weshalb der Landesfürst immer wieder gezwungen war, auch dort die Spitzenpositionen zeitweilig mit Ministerialen zu besetzen 66). Nach 1246 baute die politisch maßgebliche Schicht ihre starke Stellung weiter aus. Vorerst kommt es aber innerhalb der oberösterreichischen Ministerialität zu Auseinandersetzungen °7). Dabei ging es wohl vorwie­gend um die Herrschaft in den wichtigen Städten Wels, Linz und Steyr, den „munitiones Austrie superioris“, wie sie in der Continuatio Larriba- censis genannt werden 68). Es ist klar, daß die Herrschaft über eine solche Großfestung für den Standort ihres Inhabers innerhalb seiner Gruppe maß­geblich gewesen ist. Mit den siegreich aus diesen Kämpfen hervorgegan­genen Ministerialen Albero von Polheim, Meinhard Tröstei und Dietmar von Steyr mußte sich der neue Landesfürst Ottokar II. bei seinem Herr­schaftsantritt in erster Linie arrangieren. Wie schon die Zeitgenossen bemerkten, ist ihm dies auch in überzeugendem Maße gelungen69). Im folgenden Kampf mit Bayern und Ungarn war die Parteinahme der ober­österreichischen Ministerialität für Ottokar — die Folge seiner Ausgleichs­bemühungen — von weitreichender Bedeutung. Er konnte den Traungau, wie es scheint, mühelos behaupten, so daß allein dadurch seine Verhand­lungsbasis beim Ofener Friedensschluß eine recht günstige gewesen ist 70). 64) Das deutet auch Franz Wilflingseder Die ehemalige Burg Lonsdorf bei Linz und ihre Besitzer (Linz 1955) 88 an. «5) Neumüller-Holter Kremsmünster er Briefe 419. 66) Diese Besonderheit der mittelalterlichen Verwaltung hat am besten Max Weber Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft in Soziologie, welt­geschichtliche Analysen, Politik (Kroner 229, Stuttgart 1968) 154 ff abstrakt dar­gestellt. Seine Analyse deckt sich weitestgehend mit den in den Quellen erkenn­baren Zuständen. ®7) MGH SS 9 598: „... discordia inter ministeriales circa Anesum et Trunam id est superius Ibsam constitutos“ (zu 1246). 68) Ebenda 561. 68) Ebenda 599: „Ita enim sapienter et blande muneribus et promissis nobi­les inclinavit, quod civitates et castra sine armorum strepitu dediderunt se illi (Ottokar), ut non esset angulus, qui eius dominium aliqualiter recusaret“ (zu 1252). 70) Zitat nach Franz Kurz Österreich unter den Königen Ottokar und Albrecht I. (Linz 1816) 14 Anm. 1: „Otto dux Bavarie ... volens cum Hainrico filio suo occurrere Bele regi Ungarie, qui tunc sicut priori anno cum valido

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