Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)
HALLER, Brigitte: Kaiser Friedrich III. und die Stephanskrone
Friedrich III. und die Stephanskrone 125 des Kaisers, hatte doch Enea Silvio, der erst im August als Pius II. auf den päpstlichen Stuhl gefolgt war, lange Jahre an Friedrichs Hof als treuer Diener und Ratgeber gelebt. Ein Angebot der ungarischen Krone an Podiebrad, bevor sich die Unzufriedenen an Friedrich wendeten, wie es Palacky aus einigen Quellenstellen herauslesen wollte159), muß schon aus chronologischen Gründen abgelehnt werden. Während des Januar soll Podiebrad zweimal die ungarische Königswürde ausgeschlagen haben, einmal für sich selbst und einmal für seinen Sohn Heinrich. Damals waren die Ungarn sicher schon mit Friedrich einig. Schlagender noch ist Bachmanns Argument, daß die Kurie sofort Sturm gegen ein solches Projekt gelaufen wäre, das den Ketzer Georg gegen den treuen Sohn der Kirche Matthias ausspielen wollte 16°). Da Palackys Hauptbeweis aus der „relatio nuntii apostoliéi“ stammt, die sich nicht auf 1458/59, sondern auf 1461 bezieht161 162), und seither keine weiteren Quellenbelege aufgetaucht sind, vor allem die so reichhaltigen mailändischen und venezianischen Gesandtenberichte nicht die leiseste Andeutung in dieser Richtung ergaben, ist seine Theorie wohl endgültig ad acta zu legen 182). Wie hätte Podiebrad auch in den Augen der ungarischen Magnaten den entsprechenden Gegenkönig zu Matthias abgeben können, den sie im besonderen wegen des „humile ac obscurum genus“ 163) ablehnten? Im Kaiser fanden sie dafür den Kandidaten aus edlem Geschlecht, einen nahen Verwandten ihres Königs Ladislaus, der überdies seit vielen Jahren Hüter der heiligen Krone Ungarns war. Schon aus dem letzten Grund lag es nahe, daß sie sich an Friedrich wenden würden, sobald sie den Plan einer neuen Königswahl gefaßt hatten, und es besteht kein Grund, daran zu zweifeln, daß er von Anfang an ihr Auserwählter war. Es ist vielmehr wahrscheinlich, wenn auch bei der schlechten Quellenlage nicht zweifelsfrei zu belegen, daß der Kaiser sich schon damals der Unterstützung Podiebrads für die Auseinandersetzung mit Matthias, die der Kandidatur in Ungarn folgen mußte, versicherte. Am 2. Oktober 1458 hatte er mit ihm Frieden geschlossen 164) und eben 159) Franz Palacky Geschichte von Böhmen 4/2 (Prag 1860) 67 f. 16°) Adolf Bachmann Die ungarische Krone und König Georg von Böhmen. Kritischer Beitrag zur Beleuchtung der ungarisch-böhmischen Verhältnisse in den Jahren 1458—1459 in Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien 28 (1877) 335. 161) Bachmann Die ungarische Krone 329. 162) Sie begegnet trotz Bachmanns gründlicher Widerlegung, der abgesehen von einigen Details im wesentlichen noch immer zuzustimmen ist, gelegentlich auch in neuerer Literatur. Vgl. Fraknói Corvinus 70, wo allerdings nicht näher darauf eingegangen wird, und neuerdings H e y m a n n George of Bohemia 206, der die Streitfrage noch einmal ausführlich im Sinne Palackys aufnimmt. 163) B o n f i n i Rerum Hungaricarum Decades 525. 1M) Siehe Anm. 140.