Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)

WELTIN, Max: Kammergut und Territorium. Die Herrschaft Steyr als Beispiel landesfürstlicher Verwaltungsorganisation im 13. und 14. Jahrhundert

Kammergut und Territorium 3 nerhalb eines auch räumlich umschreibbaren Gebietes ob der Enns“ defi­nieren dürfen 10 11). Dieselbe Definition läßt sich aber unschwer auch auf die Sonderbezirke anwenden. Für unsere Untersuchung ist damit zunächst die Stellung Steyrs für den zu behandelnden Zeitraum gegenüber der „Hauptmannschaft“ klar­gestellt. Demnach kann genau genommen weder bei Steyr noch bei den anderen Landesteilen von „Sonderbezirken“ gesprochen werden, da dieser Begriff ja die irrige Annahme der allumfassenden „Hauptmannschaft“ voraussetzt. Daß sich die Hauptmannschaft gegen Ende des 15. Jahrhun­derts tatsächlich mit dem Lande ob der Enns deckte und daß dann Otto Brunners Modell richtig ist, spielt bei der von uns gewählten zeitlichen Begrenzung keine Rolle u). Diese einleitende Berichtigung befreit uns immerhin davon, das Ver­hältnis der Hauptmannschaft zur Herrschaft Steyr miteinbeziehen zu müs­sen. Um die Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert hat die Herrschaft in ihrer organisatorischen Entwicklung einen gewissen Abschluß erreicht, der es dennoch ermöglicht, frühere Stadien zu erkennen. So ist seit 1307 ein Pfleger von Steyr nachweisbar, der, wie oben gezeigt wurde, durchaus als Äquivalent zum Hauptmann ob der Enns zu gelten hat und der demnach ein für Brunner so wesentlicher „oberer“ Landrich­ter gewesen ist. Etwa gleichzeitig scheint sich auch eine Gruppe, die als adelige Gerichtsgemeinde angesprochen werden kann, konstituiert zu ha­ben. Es sind die von den Bürgern von Steyr deutlich unterschiedenen Herren und Ritter. Auf das eigene Landrecht ist bereits hingewiesen wor­den. Steyr trägt also zu Beginn des 14. Jahrhunderts durchaus die wesent­lichen Züge eines „Landes“, dessen räumliche Erstreckung das um 1325 angelegte Urbar der Herrschaft erkennen läßt. Diese ist in eine Reihe von Ämtern von unterschiedlicher Größe — nämlich in Ternberg, Molln, Diet- ach, Mühlbach, Lausa, Mitterberg, Arzberg, Groß-Raming, Steinbach, Ramsau, Kniewas, Hirt, Neustift, Pfriemreith und das obere und niedere Amt Hall — gegliedert12 *). Die Nennung dieser Ämter ermöglicht es, in­nerhalb von siebzig Jahren einen beachtlichen Entwicklungsgang festzu­stellen. In dem zwischen 1255/58 durch König Ottokar veranlaßten Urbar 10) Othmar Hageneder Das Kloster St. Florian im Rahmen der spät­mittelalterlichen Gerichtsverfassung des Landes ob der Enns in MOÖLA 10 (1971) 133 Anm. 71. 11) Valentin Preuenhueber Annales Styr enses (Nürnberg 1740) 143 ff: Der Hauptmann ob der Enns erklärt 1488, daß er nicht einsehe, „daß sie (die Bürger von Steyr) darum (im vorliegenden Rechtsfall) ihre selbst Richter seyn, und vor dem Hauptmann, in dessen Verwesung sie säßen, nicht antworten sollten“. 12) Alfons Dopsch Die landesfürstlichen Urbare Nieder- und Oberöster­reichs aus dem 13. und 14. Jahrhundert (Wien—Leipzig 1904) (= LFU 1/1) 253 ff. 1*

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