Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 26. (1973)
HALLER, Brigitte: Kaiser Friedrich III. und die Stephanskrone
Friedrich III. und die Stephanskrone 95 das jedem Kaiserporträt eine charakteristische Szene beifügt, bietet nämlich zu Friedrich III. eine Darstellung, die wohl allein die diesbezügliche Deutung zuläßt. Durch das schiefgestellte Kreuz ist die von einer weiblichen Figur dem König überreichte Krone eindeutig als Stephanskrone identifiziert. Dazu kommt, daß die Begleitung der Kronen-Überbringerin ungarische Tracht trägt und neben ihr ein kniender Knabe dargestellt ist, bei dem es sich nur um Ladislaus Postumus handeln kann. Natürlich sollte der König in einem Werk wie dem vorliegenden nicht so sehr an einem politischen Wendepunkt gezeigt werden als in einer Situation, die eine erbauliche Auslegung zuließ, konnte man ja auch in den gleichzeitigen Geschichtswerken lesen, wie Elisabeth bittflehend zu Friedrich gekommen wäre, um Sohn und Krone seinem Schutz anzuvertrauen, und wie dieser bereitwillig seine königliche Verpflichtung, Witwen und Waisen zu schirmen, wahrgenommen hätte 3). Zum historischen Problem wurde die Aushändigung der Stephanskrone an Friedrich erst für die kritische Historie des 18. Jahrhunderts, die dafür durch die Mißdeutung der Transaktion als Pfandgeschäft einige Unklarheit in die Sachlage gebracht hat. Die Art und Weise, wie Elisabeth in den Besitz der Stephanskrone gelangte, ist durch die lebendige Darstellung der Hauptbeteiligten an der gefährlichen Aktion, ihrer Kammerfrau Helene Kottanner, bestens bezeugt, ebenso wie die Umstände der rasch inszenierten Krönung des erst dreimonatigen Sohnes Ladislaus in Stuhlweißenburg 4). In der Nacht vom 20. auf den 21. Februar 1440 schaffte die Kottannerin zusammen mit zwei ungarischen Helfern die Stephanskrone heimlich aus dem Kronengewölbe der Plintenburg (Visegrád) und traf damit am Abend des 21. Februar bei der Königin in Komorn ein, die eine Stunde später den Sohn zur Welt brachte 5). Da die polnische Partei im Land an Boden gewann und der von ihr erwählte König Wladislaw im April persönlich in Ungarn erschien, war Eile geboten. So wurde Ladislaus bereits am 15. Mai, dem Pfingstsonntag, in der traditionellen Krönungsstadt Stuhlweißenburg zum ungarischen König gekrönt. Die Stephanskrone, das dazu unerläßlich notwendige Insigne, befand sich ja nun im Besitz Elisabeths, 3) Bei einem Augsburger Künstler darf man wohl vor allem die Kenntnis von Hans Jakob Fuggers Ehrenwerk des Hauses Österreich (1555 vollendet) voraussetzen, an das manches in Aufbau und Anordnung des Effigierum Caesarum opus erinnert. Vgl. Hans Jakob Fugger — Sigmund von Birken Spiegel der Ehren des höchstlöblichsten Kayser- und Königlichen Erzhauses Oesterreich (Nürnberg 1668) 520. 4) Stefan Ladislaus Endlichers Ausgabe Aus den Denkwürdigkeiten der Helene Kottannerin. 1439. 1440 (Leipzig 1846) ist jetzt durch Karl M o 11 a y s Neuausgabe Die Denkwürdigkeiten der Helene Kottannerin (1439—1440) (Wiener Neudrucke 2, Wien 1971) überholt. 5) Nach dem Zeugnis der Kottannerin muß statt des üblicherweise angegebenen 22. Februar der 21. Februar als Geburtstag des Ladislaus angenommen werden. Vgl. M o 11 a y Denkwürdigkeiten 56 Anm. 81, 84 und 60 Anm. 122.