Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 25. (1972) - Festschrift für Hanns Leo Mikoletzky

BLAAS, Richard: Metternich, Mazzini und die Gründung der Giovine Italia

Metternich, Mazzini und die Gründung der Giovine Italia 607 und führten zu den ersten Verhaftungen und Verhören, aus denen wieder Umfang und Verbreitung der neuen Organisation erschlossen werden konnten. Bereits 1833 gibt Metternich zu bedenken: .. wenn wir der Giovine Italia glauben wollten, so zählte sie im König­reiche Neapel 70 000, im Kirchenstaate 30—40 000, in Piemont über 30 000, im übrigen Italien verhältnismäßig mehr oder weniger Anhänger. Abstrahiert man auch von der gewöhnlichen oft beabsichtigten Übertreibung solcher Stati­stiken und nimmt man an, daß dieses Gift in weit geringerem Grade das lombardo-venezianische Königreich durchdrungen habe, so weiset selbst dieser verjüngte Maßstab noch immer auf die Möglichkeit einer sehr großen Zahl Schuldiger hin“ so). Aus dem dritten und vierten Heft der Giovine Italia registrierte man vor allem mit großer Besorgnis den Versuch, die Militärs der unteren Ränge für die Ziele der Gesellschaft zu gewinnen und den den Souveränen geleisteten Eid als nicht bindend hinzustellen. „Die wahre Gefahr für Italien“, läßt Metternich dem Polizeichef mitteilen, „ist gegenwärtig in der Giovine Italia zu suchen; Mazzini hat das Monopol der Revolutionierung Italiens an sich gerissen, und alles zeigt, daß dieser ge­fährliche Mann seine Entwürfe mit jenen der Pariser Propaganda in vollkom­menen Einklang gebracht habe“. Es müsse daher jede Regierung es als ihre Pflicht ansehen, „einen so gefährlichen Feind der gesellschaftlichen Ordnung nicht aus den Augen zu lassen“. Die Polizeihofstelle erteilte für die k. k. Staaten alle erforderlichen Weisungen „für den Fall eines Eindringens Mazzinis“ * 31). Im Juni 1933 hatte man bereits die fünfte Nummer der „incendiari- schen Zeitschrift La Giovine Italia“ in Händen. Die Zeit für entscheidende Maßnahmen war reif. Am 21. Juli ging an alle k. k. Landesregierungen die Kundmachung „die Sekte Giovine Italia betreffend“. Die Verordnung berief sich ausdrücklich auf das am 16. November 1821 gegen die Carbo­nari erlassene Edikt. Alle in der damaligen Bannbulle angedrohten Strafen werden auf die Giovine Italia ausgedehnt, d. h. Mitgliedschaft, Duldung und Unterlassung der Anzeige werden als Hochverrat qualifi­ziert und daher mit dem Tode bestraft. „Es wird sich daher vom Tage der Kundmachung gegenwärtiger Verordnung Niemand mehr mit der Unwissenheit des Zweckes der Gesellschaft Giovine Italia entschuldigen können“ 32). Damit war die Handhabe für die strafrechtliche Verfolgung der Mitglieder des Geheimbundes gegeben und die innenpolitischen Maß­4) heißt es: „... glaube ich Hochdero (Graf Sedlnitzky) Augenmerk vorzüglich auf jene Beilage lenken zu sollen, wo die Adressen der ,Federath stehen, die in jeder Stadt die Korrespondenz der Giovane Italia besorgen, für Mailand wird darin der E. E. bereits bekannte Tinelli als Correspondent angegeben“ (Bericht aus Rom 430 B von 1833 September 18). 3«) Informationsbüro Polizeikorrespondenz 4, Note der StK an die PHSt 1833 Oktober 5. 31) Ebenda 3, Note der StK an die PHSt 1833 März 18, ferner Mai 23 und Juni 16. 32) Veröffentlicht im Amtsblatt der Wiener Zeitung 1833 Juli 23.

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