Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 25. (1972) - Festschrift für Hanns Leo Mikoletzky

APPELT, Heinrich: Die libertas affectandi des Privilegium minus

138 Heinrich Appelt Dazu kommt aber nun noch ein Beispiel aus einer frühstaufischen Kai­serurkunde, das bisher von den Historikern ebenfalls ganz unbeachtet geblieben ist. In dem allerdings Anfang des 13. Jahrhunderts verfälschten Diplom Konrads III. für das Bistum Naumburg aus dem Jahre 1138 14) ist eine Schenkung königlichen Gutes mit folgenden Worten ausgespro­chen: „Notum sit ... omnibus ... nos ... quandam silvam magnam ... ecclesie ... donasse in proprium et libere affectasse“. Dem entspricht eine Wendung in der Einleitung der Zeugenreihe: „Huic denique nostre affectationi idoneos adhibuimus testes“. Hier ist „affectare“, „affectatio“ eindeutig als Synonym von „donare“, „donatio“ aufzufassen. Wie Haus­mann gezeigt hat, ist das echte Diplom Konrads III., das dem uns erhal­tenen verfälschten Text zugrundelag, von dem Kanzleischreiber Arnold A verfaßt worden. Eine Überprüfung ergab, daß diese Diktatzuweisung zu­trifft; gerade die Fassung des Einleitungssatzes der Zeugenreihe ent­spricht den Gewohnheiten des genannten Notars 15). Wir dürfen also an­nehmen, daß die Ausdrücke „affectare“, „affectatio“ auf dieses Mitglied der Reichskanzlei und nicht auf den Naumburger Interpolator des 13. Jahr­hunderts zurückgehen, was besonders deshalb wahrscheinlich ist, weil die Corroboratio die Eigenheiten des Diktats dieses Kanzleinotars aufweist. Diese These erhält aber nun durch unsere bisherigen Beobachtungen eine überraschende Stütze, denn nach der übereinstimmenden Meinung von Schum, Gräber, Schubert und Hausmann stammt Arnold A aus dem Westen des Reiches. Während die ältere Forschung eine Herkunft aus dem Aachener Marienstift annahm, urteilt Hausmann vorsichtiger und möchte ihn in den „Raum um Köln und Lüttich“ einordnen 16). Wie dem auch sei, unsere philologischen Beobachtungen sprechen eindeutig für eine derartige Herkunftsbestimmung. Für die sprachliche und diplomatische Kritik des Privilegium minus lassen sich aus den bisherigen Darlegungen folgende Schlüsse ziehen: 1. Das Verbum „affectare“ mit Akkusativ der Sache und Dativ der Person (dativus commodi) ist in Texten des 11.—13. Jahrhunderts mehrfach belegt und zwar als Synonym von „donare“, ebenso „affectatio“ in der Bedeutung von „donatio“. 2. Die Belege weisen eindeutig in den Westen, in den Raum der Diözese Lüttich beziehungsweise in Landschaften altfranzösischer Zunge, in *4) DK III 13. Zur Beurteilung dieses Diploms vgl. jetzt Peter Acht im Mainzer Urkundenbuch 2/1 (Darmstadt 1968) 4 Vorbemerkung zu n. 5, der die Urkunde mit Recht für interpoliert hält. 15) Vgl. das nach Friedrich Hausmann von diesem Notar verfaßte und geschriebene DK III 20: „Huic autem nostr? confirmationis precepto testes idoneos adhibuimus“. i«) Friedrich Hausmann Reichskanzlei und Hofkapelle unter Heinrich V. und Konrad III. (Schriften der MGH 14, Stuttgart 1956) 136 mit Angabe der älteren Literatur.

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