Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

THOMAS, Christiane: Kampf um die Weidenburg. Habsburg, Cilli und Görz 1440–1445

84 Christiane Thomas nicht dieser Vereinbarung. Da Einzelheiten nicht aufgezählt wurden, kann man nur mutmaßen, daß Tobringer, der als Pfleger der Weidenburg ver­ständlicherweise die stärksten Ressentiments gegen Katharinas Spieß­gesellen fühlte, auf eigene Faust, bzw. mit Unterstützung seines Gerichts- sprengels gegen die ehemaligen Gegner vorging. War deren Vorwurf beweisbar, setzte sich Tobringer allerdings ins Unrecht: Mit dem Frie­densvertrag wird Fehde und Feindschaft für alle Mitbeteiligten „abge­tan“ 3V0). Nachdem die Kläger bei dem Hauptmann von Lienz und Jörg von Lind auf taube Ohren gestoßen waren, dünkte es sie um ihrer Ehre willen notwendig, die Fehde wieder aufflackern zu lassen. Ob dieser überraschende Umschwung in der an unvermuteten Wendungen nicht armen Auseinandersetzung praktische Auswirkungen hatte, entzieht sich unserer Kenntnis3n). Diese Verlautbarung ist das letzte Dokument des Konvolutes der „Mißhelligkeiten“, dem keine weitere Aussage aus den Beständen des Haus-, Hof- und Staatsarchivs beigesellt werden kann und das seinem Inhalt nach den Schlußpunkt, den man mit Heinrichs Triumph für die zweite Ehekrise setzen möchte, wieder ausstreicht. Die Darstellung ist jedoch durch den Mangel an ergänzendem Quellenmaterial nicht weiterzuführen. Dies ist umso bedauerlicher, als sich vielleicht Verbin­dungs- bzw. Kontinuitätslinien in Katharinas Bestrebungen bis hin zur zweiten Inhaftierung ihres Gatten erarbeiten ließen. XV Wenn 1956 ein italienischer Forscher klagte, „tutta la vicenda familiare di Enrico IV é ravvolta in una fitta nebbia, öltre la quale non ci é dato di vedere“ * 371 372), so hilft die Interpretation, die den schriftlichen Nie­derschlag des ersten Konfliktes 1443 mit den Beobachtungen des Aeneas Silvius und den Korrespondenzen zur zweiten Kontroverse 1444/45 ver­knüpft, den Schleier der Unwissenheit etwas zu lüften. Abgesehen von Wiessners Feststellung, daß „vermögensrechtliche Auseinandersetzungen“ den Zankapfel bildeten 373), wird in der modernen Literatur die Ursache aller Gegensätzlichkeiten durchwegs in den divergierenden Anschauungen der beiden Ehegatten über ihre politische Ausrichtung gesehen. Da eben Katharina eher zu Friedrich, Heinrich (oder auch Katharina) wiederum eher zu Venedig tendierte, mußten sich Reibungspunkte ergeben. Annähe­rung an diesen oder jenen Nachbarn bedingte auch eine entsprechende 37°) Brunner Land und Herrschaft 105. 371) Die Weidenburg scheint nicht mehr gefährdet gewesen zu sein. Zumin­dest vermeldet die wahrscheinlich Anfang November 1445 zusammengestellte größere Liste der „ingriffe“ (HHStA österreichische Akten-Görz 24 Konvolut 1, Nr. 41 fol. 58 v; siehe Anm. 62) nichts über einen Verlust des Schlosses. 372) V e n u t i Agonia 52. 373) Wie Anm. 127.

Next

/
Thumbnails
Contents