Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)
NECK, Rudolf: Sammelreferat. Erster Weltkrieg
Rezensionen 543 ge nach 1883 sich schon im Beinamen des kaiserlichen Oberbefehlshabers „Türkenlouis“ wider spiegelt. In engster Beziehung zu ihm steht die türkische Trophäensammlung des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe. Gerade, weil Wien neben München, Dresden, Krakau, Moskau, Budapest und selbstverständlich Istanbul kostbarste Türkenschätze hütet, sollten wir den Karlsruher Bestand tiefer in unser Bewußtsein dringen lassen, denn: „weder in Deutschland noch sonst in Europa“ kann ihm außer in den genannten Kollektionen „eine an Umfang, Art und historischer Bedeutung vergleichbare Sammlung“ an die Seite gestellt werden (S. III). Abgesehen von dem Staunen, das seine goldverzierten, edelsteinbesetzten und farbenfrohen Waffen, Reitzeuge, Köcher und Textilien von höchster Qualität bei dem Betrachter hervorrufen, vermehrt er die Kenntnis des Fachmanns von der Fülle und den Spitzenleistungen osmanischer Kunst, denen das Europa des ausgehenden 17. Jahrhunderts nichts Höherstehendes auf dem Gebiet des Waffenwesens entgegenzusetzen wußte. Allerdings: wenn auch die bereits 1771 in der „Türckischen Kammer“ des Rastätter Schlosses ausgestellten knapp 300 Objekte der Tradition nach aus dem Eigentum des Türkenlouis stammen, ja sogar als seine Beute aus dem Sieg von Slankamen 1691 angesehen wurden, lassen sich die wenigsten Stücke direkt auf ihn und eine von ihm geführte Schlacht beziehen. Hier mußte der Vf. aufgrund von intensivem Aktenstudium die Legende einer von einer einzigen Person geprägten Sammlungseinheit zerstören: P. nennt vor allem den Präsidenten des Hofkriegsrates, Markgraf Hermann von Baden-Baden, ferner Herzog Julius-Franz von Sachsen-Lauenburg und Markgraf Karl-Gustav von Baden-Durlach, durchwegs Verwandte Ludwigs, als Vorbesitzer türkischer Prunkgegenstände, unterstreicht aber auch ausdrücklich, daß der Großteil schon kurz nach dem Tod des Türkensiegers in der Hand seiner Witwe vereinigt war. Als Einsprengsel findet sich auch persisches und indisches Kunstgut, das 1772 sichtlich seines orientalischen Charakters wegen der „Türckischen Kammer“ zugeordnet wurde. Ausstellungen des badischen Türkenschatzes in Wien (1883), Budapest (1896) und München (1910) machten ihn über den regionalen Rahmen hinaus bekannt; in entscheidendem Maß trug die 1955 abgehaltene Jubiläumsausstellung für den Türkenlouis dazu bei, das Wissen um die Einmaligkeit und Außergewöhnlichkeit seines türkischen Museums einem größeren Publikum vor Augen zu führen. 15 Jahre später war es aus zwei Gründen notwendig, an eine weitere Dokumentation zu denken: Zum ersten ist der seinerzeit erstellte Ausstellungkatalog längst vergriffen, zum zweiten ist auch das 1956 herausgegebene erste Bildheft nicht mehr erhältlich. Für P. bot sich somit die Gelegenheit, die Charakteristika eines Bildbandes mit denen des wissenschaftlichen Inventars zu vereinen. Beide Komponenten sollten in erweiterter Form und unter Berücksichtigung der neuesten Forschungsergebnisse zu einem Ganzen zusammengeschlossen werden. Der Versuch einer derartigen Synthese ist voll geglückt: Ohne daß im Aufbau Bruchstellen spürbar werden, wird der Autor beiden Absichten, sowohl dem kunstinteressierten Laien als auch dem spezialisierten Kunst-