Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)
HEINDL, Waltraud: Die Wiener Nuntiatur und die Bischofsernennungen und Bischofsenthebungen in Ungarn 1848–1850
418 Waltraud Heindl haben, und 2. gegen die Absetzung eines Bischofs durch ein weltliches Gericht, da eine Enthebung allein dem Papst zustünde. „N’étant pas le gouvernement temporel qu’institue un Evéque dans sa dignité et dans son ministére spirituel, ce n’est pas l’autorité séculiére qui puisse l’en destituer. C’est au Pontife lui seul, a qui appartient le premier ainsi que le second de ces droits. II s’en suit de la que l’acte de destitution de l’Evéque de Neusol est un acte nul“ 2ä). Schwarzenberg befand sich während der Unterredung mit dem Pronuntius in einer etwas unangenehmen Situation -— er war weder mit der reellen Sachlage noch mit dem kanonischen Recht im mindesten vertraut 26). Er wandte sich daher an Innenminister Bach um Rat 27), wobei er die Einwände Viale-Prelas in beiden Fällen als berechtigt anerkannte und Bach sein Unbehagen über einen eventuell bevorstehenden Rechtsstreit mit der Kurie nicht verhehlte 28). — Die Abneigung Schwarzenbergs gegen einen Konflikt mit dem Hl. Stuhl war nicht erstaunlich, die österreichischen Truppen standen zum Schutz des Papstes im Kirchenstaat! Bach fand den goldenen Mittelweg. Er verwarf den ersten Beschwerdepunkt des Pronuntius mit folgender Begründung: Das Kriegsgericht sei „zum Verfahren, zur Urteilsfällung und Vollziehung eines Strafurteils“ voll berechtigt gewesen. Die Berufung des Pronuntius auf die „Satzungen des gemeinen in Ungarn geltenden Kirchenrechtes, kraft welchen eine gerichtliche Prozedur wider einen Bischof ohne Intervention der geistlichen Autoritäten“ nicht statthaft sei, müsse als hinfällig bezeichnet werden, weil durch die Verhängung des Kriegs- und Belagerungszustandes „der Natur der Sache nach jedes etwa vor den gewöhnlichen Gerichtshöfen Geltung habende Privilegium bezüglich des Gerichtsstandes einzelner Stände oder Personen oder bezüglich der Art des Verfahrens, außer Wirksamkeit gesetzt wird.“ Anders verhielte es sich jedoch bezüglich des zweiten Beschwerdepunkts, weil hier der Grundsatz gälte, „daß nur das Oberhaupt der katholischen Kirche, der römische Papst, einem katholischen Bischof die geistliche Jurisdiktion — das Kirchenamt — entziehen könne“, die weltliche Macht könne in gewissen Fällen einem Bischof die Einkünfte, 25) VA NdiV 340 a: Viale-Prelä an Schwarzenberg, 1849 September 26; auch in HHStA PA XI 192. Siehe auch Monumenta Catholicae pro Independentia Potestatis Ecclesiasticae ab Imperio Civili 6, collegit et editit Augustinus Roskovány (Pestini 1865) 626 (Dokumente in deutscher Übersetzung) und Adriányi Ungarische Kirche und österreichisches Konkordat 24. 2«) VA NdiV 322: Viale-Prelä an Antonelli, 1849 September 27 Nr. 229. 27) HHStA PA XI 192: Schwarzenberg an Bach, 1849 September 30. 28) Ebenda: „Es folgt hieraus, daß das bei der Verurtheilung des Bischofs Rudnyánszkys leider beobachtete unregelmäßige Verfahren geeignet ist, die kaiserliche Regierung in einen sehr ernsten und bedauerlichen Konflikt mit dem Hl. Stuhle zu verwickeln, wenn diesem nicht ehebaldigst die gebührende Genugtuung gewährt und die begangene Verletzung unbestreitbarer Prinzipien wieder gut gemacht wird.“