Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)
HEINDL, Waltraud: Die Wiener Nuntiatur und die Bischofsernennungen und Bischofsenthebungen in Ungarn 1848–1850
414 Waltraud Heindl Waitzen, die bekanntlich lange Zeit vakant gewesen war, wählten einige Geistliche einen Kapitelvikar zum Administrator, der bald die bischöfliche Jurisdiktion auszuüben begann. Ähnlich waren die Verhältnisse in Gran, Stuhlweißenburg und Veszpréme). Bald nach der Eroberung Pests, am 5. Jänner 1849, hatte Fürst Win- dischgrätz, der kaiserliche Oberbefehlshaber in Ungarn, die Sistierung der Präkonisation der ungarischen Bischöfe in Rom gefordert * 7). Der Vorschlag wurde von Ministerpräsident Schwarzenberg sofort aufgenommen und eine diesbezügliche Weisung an Móric Esterházy, den österreichischen Gesandten in Rom, erlassen. Da Horváth und Jekelfalussy „von Anfang an der Revolution gehuldigt“ hätten und „warme Anhänger Kos- suths“ wären, Hám zwar ein „gottesfürchtiger und frommer Mann, aber zu alt und kraftlos sei“ — bezüglich Lonovics wurden keine Motive angegeben —, bitte man den Hl. Vater, die „Präkonisierung der fünf genannten Erzbischöfe und Bischöfe einstweilen zu verschieben“8). Die Beschwerden über die ungarische Geistlichkeit, die nun bereits von zwei Seiten — von der des päpstlichen Vertreters in Wien und der des österreichischen Gesandten in Rom — kamen, dürften ihre Wirkung nicht verfehlt haben. Nach dem langen Schweigen bekannte sich Antonelli entschieden für „die Sache der Ordnung“ 9). Antonelli, der noch ein Jahr früher für den Krieg gegen Österreich eingetreten war10)! So ergaben sich von seiten des Hl. Stuhls bezüglich der Sistierung der Präkonisierung keine Schwierigkeiten. Die Sache war umso leichter zu lösen, da der Kurie nur die kanonischen Prozesse durch die Wiener Nuntiatur, niemals aber ein offizielles Präsentationsschreiben vorgelegt worden war u). Viale-Prelá wandte sich nun umso offener gegen die „traurigen Auswüchse“ des ungarischen Klerus und gegen die „Verirrungen“ des Episkopats, der in Viale-Preläs Augen entweder durch Leichtfertigkeit oder zumindest durch Angst gefehlt hätte. Empört richtete er sich gegen die erst kürzlich nominierten Bischöfe, Hám, Lonovics, Horváth und «) VA NdiV 322: Viale-Prelá an Antonelli, 1849 August 20, Nr. 210. 7) HHStA Admin. Registratur F 26/3: Schwarzenberg an Windischgrätz, 1849 Jänner 28. Bezüglich der Haltung Windischgrätz’ zu Lonovics siehe Rudolf K i s z 1 i n g Die Revolution im Kaisertum Österreich 1848—49, 2 (Wien 1948) 23 f. 8) HHStA Admin. Registratur F 26/3: Schwarzenberg an M. Esterházy, 1849 Jänner 23 Olmütz. 9) VA NdiV 330: Antonelli an Viale-Prelá, 1849 Mai 27 Gaeta. „Si uniscono i nostri desiderj a quelli di tutti i buoni, perché trionfi la causa dell’ordine, é con essa la religione, mentre ormai l’esperienza ha persuaso, che la principal guerra si fa ovunque alia religione nostra santissima.“ Ähnlich auch im VA NdiV 330: Antonelli an Viale-Prelä, 1849 Juli 10, 20, 28 und August 20 Gaeta. 10) Engel -Jánosi Österreich und der Vatikan 1, 46. u) HHStA Admin. Registratur F 26/3: Ministerium des Äußern an das Ministerium des Innern, 1849 Mai 18, siehe auch S. 409.