Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)

MIKOLETZKY, Lorenz: Der Versuch einer Steuer- und Urbarialregulierung unter Kaiser Joseph II

Der Versuch einer Steuer- u. Urbarialregulierung unter Kaiser Joseph II. 331 der Beendigung eine gewisse Gleichheit zu haben, entsandten auch Ungarn und Siebenbürgen Vertreter. Neun Punkte und Anfragen legte der Kaiser der Konferenz in Wien vor: Ob in allen Ländern nach dem gleichen Prinzip die Operation erfolgt war; was für ein Prozent ausfiele, ohne Unterschied zwischen Rustikal- und Domini- kalbesitzungen, wenn die Kontribution eines jeden Landes in Geld angeschla­gen würde; das ausfallende Prozent der anwesenden sechs Länder sei auf ein Papier zu schreiben und zu überlegen, welches der Gebiete mit Ausnahme Galiziens, das am ärmsten sei, ohne Handel und Industrie am höchsten belegt sei; auch die Belegung jeder Gemeinde sei festzustellen; ferner habe die Kom­mission, ohne sich in Ausschweifungen zu verlieren, aufzuzeigen, was jeder Untertan jährlich seiner Herrschaft zu zahlen, abzuarbeiten oder durch Natural­lieferungen zu leisten hat; die Gemeindekosten, wie Ausgaben für den Pfarrer, den Schulmeister, den Richter, die Geschworenen usw. waren zu erheben; keine individuellen Berechnungen, sondern gemeindeweise; zur Finalbestimmung der Preise gehörten auch Untersuchungen über die Hand- und Zugrobot und die Naturalabgaben. Alle Ergebnisse sollten zu jedermanns Einsicht beim Richter in Form einer Tabelle angeschlagen werden. Der Zehent an die Geistlichkeit war ebenso anzusetzen wie derjenige an weltliche Obrigkeiten in einigen Gemeinden. Dadurch können die genauen Maße einer jeden Besitzung, deren Schätzung und das Gelderträgnis festgehalten werden, weiters die Abgaben an die Orts­obrigkeit und an den Landesfürsten. Diese Aufgaben will Joseph nach Er­ledigung vorgelegt haben, nicht um seinen Willen diktatorisch durchzusetzen, sondern um bei Unverständnis mit den Leuten zu diskutieren 5S). Bei Verlautbarung des Steuerpatents kam es sogar zu Ausschreitun­gen, die von den Bauern inszeniert wurden, da sie glaubten, in der Regu­lierungsveröffentlichung einen Freibrief für das Vorgehen gegen den Adel erhalten zu haben. Dieser Stand wieder — vor allem in Ungarn und Galizien — fühlte sich schwer getroffen. In Galizien war man der Ansicht, dem Bauern müsse es doch leichter fallen, wöchentlich eine bestimmte Anzahl von Arbeitstagen zu leisten, als eine, wenn auch kleine, Geld­abgabe zu entrichten. Nach Meinung der Gegner der josephinischen Ideen lag es im Interesse des Nationalwohlstandes, den Untertan, der es in der Zeit, die ihm die Bestellung seines Grundes ließ, verschmähte, gegen Lohn zu arbeiten, zwangsweise dazu anzuhalten. Die Politik des Herrschers ging aber dahin, den Bauern auf Kosten des Adels zu begünstigen. Die Edelleute, die eben fast noch souverän gewesen waren, konnten es nicht verschmerzen, daß sie jetzt in die zweite Reihe gedrängt wurden und daß im Zuge der allgemein vor sich gehenden Reformen auch alle wichti­gen Beamten- und Offiziersstellen mit meist bürgerlichen Personen, die in Galizien z. B. noch dazu Österreicher waren, besetzt wurden. Sie, die bis­her fast steuerfrei waren, wurden nun zu Beitragsleistungen für alle Staatslasten herangezogen. Die Urbarialregulierung schien ihren Ruin zu vollenden. In Galizien kursierten sogar Loslösungsgedanken. Eine Ab­ordnung aus diesem Gebiet warnte in Wien vor der Einführung des 53 53) Vgl. HKA Hs. 275 fol. 371 ff.

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