Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 24. (1971)
PILLICH, Walter: Der Stein- und Siegelschneider Ulrich Schwaiger im Dienste dreier Kaiser
Der Stein- und Siegelschneider Ulrich Schwaiger im Dienste dreier Kaiser 225 zu, daß Ulrich Schwaiger, wie er 1558 selbst einmal schreibt* 8), in Nürnberg tätig war und bei dem bedeutendsten Nürnberger Hofgoldschmied und „Petschiermeister“ Wenzel Jamnitzer, der seit 1534 Meister zu Nürnberg war, neben dem Goldschmiedehandwerk auch die nur von Jamnitzer damals geübte Technik der Naturabgüsse von Schlangen, Eidechsen, Fröschen, Käfern, Krebsen, Fischen aller Art, Würmern und kleinen Pflanzen erlernt hat. Der Stil „Rustique“, wie diese Technik, die erst im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts fast in allen Goldschmiedewerkstätten Deutschlands sehr verbreitet war, genannt wird, ist heute als ein das Künstlerische verdrängender und zu sehr der Technik verhafteter nicht mehr so geschätzt wie damals 9). Wie bereits erwähnt, war Schwaiger in Nürnberg tätig, ebenso in Regensburg, wo er den Herzogen von Bayern sowie den Grafen und Herren des Ritterstandes Siegel und Wappensteine schnitt10). Leider lassen sich aus diesen spärlichen frühesten Nachrichten über seine künstlerische Tätigkeit bisher keine Arbeiten mehr nachweisen. Erst aus dem am 24. März 1553 zu Graz ausgestellten ersten Privileg König Ferdinands I. für Ulrich Schwaiger und seine vier Brüder, nämlich Gregor, Clement, Stefan und Christoph, von denen wir später noch hören werden, ist dessen künstlerische Tätigkeit als Hofgoldschmied quellenmäßig nachweisbar. Schwaiger wird in Anbetracht seiner „erbar- khait, schickhlichait, erfarnheit und khunst ... im goldschmidt hanndt- werch, auch sigl schneiden unnd abgiessung allerley thyer, gewechs und dergleichen Sachen“ als „beruembt“ bezeichnet und von Ferdinand I. „zu unsern und unserer geliebten sune dienern unnd hof goldtschmiden“ ernannt, welche überall, wo sich der königliche Hof aufhalte, ihr Handwerk treiben können, unbehindert von allen Untertanen des Reiches, insbesondere von den Goldschmiedemeistern11). Diese sogenannte Hoffreiheit, sollte für Schwaiger noch viele Streitigkeiten in seinem späteren Leben auslösen. Jedenfalls nennt dieses Privileg des seit 1531 zum römischen König gewählten Ferdinand I. zuerst Ulrich Schwaiger und dann seine vier Brüder, sodaß man Ulrich Schwaiger schon damals als den bedeutendsten Kunsthandwerker unter ihnen ansprechen können wird. König Ferdinand hielt sich wiederholt in Graz auf, und gerade während seines längsten Aufenthaltes, der vom 2. Dezember 1552 bis 10. April 1553 Handelsprivilegien (= GFHP) 9; Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses Jb) 15 (1894) n. 11.826. 8) Stadtarchiv Augsburg (= StAA) Goldschmiedeakten 2: 1558 Oktober, Schwaiger an Stadtpfleger, Bürgermeister und Rat der Stadt Augsburg. 9) Ernst Kris Der Stil „Rustique“. Die Verwendung des Naturabgusses bei Wenzel Jamnitzer und Bernhard Palissy in Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen in Wien NF 1 (1926) 137—208. 10) StAA Goldschmiedeakten 2: 1558 Oktober, Schwaiger an Bürgermeister der Stadt Augsburg. 11) HHStA GFHP 9. Mitteilungen, Band 24 15