Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

Nachrufe - MEYER, Maria: Leopoldine Berczkovits (1916–1970)

NACHRUFE Lcopoldinc Berczkovits (1916—1970) Am 9. März 1970 ist Archivsekretär Leopoldine Berczkovits, noch nicht 54 Jahre alt, verstorben. Sie war am 11. Juni 1916 in Wien geboren, also in einer schweren Zeit, die für sie — wie für die meisten dieser Genera­tion — auch später schwer blieb. Nach Absolvierung des Realgymnasiums studierte sie unter großen finanziellen Schwierigkeiten an der Universität Wien Germanistik und Romanistik (Fächer Deutsch, Französisch) bis zum Absolutorium, da ihre bereits fertige Dissertation unglücklicherweise bei einem Bombenangriff durch Brand vernichtet wurde und sie durch verschiedene Umstände nicht in der Lage war, diese neu zu beginnen. Während des 2. Weltkrieges arbeitete sie im Österreichischen Postsparkassenamt, widmete sich aber anschließend nach der Verehelichung und der Geburt ihrer Tochter dem Haushalt. Als aber im Jahre 1945 ihr Gatte arbeitsunfähig aus amerika­nischer Kriegsgefangenschaft heimkehrte, mußte sie von nun an Familien­erhalterin sein. Sie arbeitete auf Grund ihrer perfekten Französisch­kenntnisse zunächst bei der französischen Besatzungsmacht als Dolmetsch. Nach dem Tod ihres Gatten, der den Folgen seines schweren Kriegsleidens erlag, war sie glücklich, durch die Anstellung im Österreichischen Staats­archiv einen Dauerposten gefunden zu haben, denn nun mußte sie für ihr damals neunjähriges Kind allein sorgen. Zuerst war sie dem Kriegsarchiv zugeteilt, wo sie als Schreibkraft ihre Laufbahn begann. Der damalige Leiter des Kriegsarchivs wkl. Hofrat Ing. Dr. Regele erkannte sofort ihre Qualitäten, denn schon nach dreimonatiger Verwendung schrieb er wörtlich: „VB. L. B. hat sich restlos bewährt. Sie erledigt alle oft sehr schwierigen wissenschaftlichen Reinschriften mu­sterhaft und das Archiv kann nach 7 Jahren auf atmen, daß es endlich eine eines wissenschaftlichen Instituts würdige Hilfskraft besitzt.“ Sie hat zunächst die druckfertige Reinschrift des Manuskripts des Inventars des Kriegsarchivs besorgt und wurde nach einer Reihe interner Sonderauf­träge (Inventarindex, Archivbehelf zu den Nachlässen u. a. m.) zur Ver­seilung der Kanzleiagenden der damaligen Abt. 2 des Kriegsarchivs (Feldakten etc.) sowie der Erledigungen in Auszeichnungsangelegenheiten verwendet. Doch sie blieb nicht lange ,,Hilfs“kraft, denn ihre hohe Allgemein­bildung, ihre Intelligenz, ihr Fleiß, die rasche Auffassungsgabe und unbedingte Verläßlichkeit, ihre vielseitige und vor allem selbständige Ver-

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