Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

STAUDINGER, Anton: Bemühungen Carl Vaugoins um Suprematie der Christlichsozialen Partei in Österreich (1930–33)

Bemühungen Carl Vaugoins um Suprematie der Christlichsozialen Partei 371 durchgeführt, gemäß dem Anspruch Vaugoins auf dem Parteitag in Salz­burg 22e), daß nur die Christlichsoziale Partei alle jene Ziele verfolgte, die für eine Verbesserung der politischen Verhältnisse in Österreich verwirktlicht werden müßten: Ausschaltung des „internationalen Sozia­lismus“ und des Nationalsozialismus, wehrwilliger Patriotismus und katholische Gesinnung. Analog dem autoritären Regierungsstil war die Propaganda der Christlichsozialen Partei eingerichtet: Vaugoin hatte für sich als Bundesparteiobmann ein „Notrecht“ gefordert und durchge­setzt 226 227 228), um die straffe Führung der Propaganda zu gewährleisten; bei Werbeveranstaltungen selbst sollte jede Diskussion verhindert wer­den 22S). Ob die Werbekampagne der Christlichsozialen Partei Erfolg hatte, läßt sich nicht eruieren 229). Feststeht, daß die Partei genauso wie die Vaterländische Front und die Heim wehr die Errichtung eines Stände­staates forderte 23°) und vielfach mit der Vaterländischen Front gleich­gesetzt wurde 231), daß sie zur Existenz anderer Parteien nicht Stellung nahm 232) und somit selbst die Begründung für die Überflüssigkeit von Parteien in einem ständisch organisierten Staat lieferte. Vaugoin, der zwar eine Teilorganisation der Sozialdemokratischen Partei für militä­rische Verteidigungsmaßnahmen gegen eine ausländische Bedrohung her­angezogen hätte, aber entsprechend seiner auf dem Parteitag in Salzburg beanspruchten Suprematie der Christlichsozialen Partei nur in einer der christlichsozialen Politik untergeordneten Weise, mußte nun, wollte er weiterhin politischen Einfluß ausüben, um die Führungsposition in der einen politischen Organisation, der allein die Herrschaft im Staate über­antwortet werden sollte, — für Vaugoin die Christlichsoziale Partei, für Fey die Heimwehr, für Dollfuß die Vaterländische Front —, mit Fey und Dollfuß konkurrieren. 226) Bericht der christlichsozialen Nachrichtenzentrale über den Parteitag in Salzburg, Referat Vaugoin 6. Mai 1933. 227) Ebenda. 228) Siehe Informationsdienst 3 (1933) 9. Juni: Richtlinien für die Partei­propaganda. 229) Die Erfolgsmeldungen des Informationsdienstes ab Mitte Juni 1933 sind allgemein gehalten, durchwegs ohne Zahlenangaben über etwa geworbene Parteimitglieder. 23°) Siehe dazu die Berichte der Tageszeitungen zum Parteitag in Salzburg, 6.—9. Mai 1933. — Vgl. auch Wiener Politische Blätter 18. Juni 1933 und Das christlichsoziale Programm — mit Erläuterungen von Richard Schmitz (Wien 1932). 23 <) Braun Schmitz 267. 232) Gleichwohl bedauerte der konservative Publizist Otto Günther, daß in der Christlichsozialen Partei 1933 noch immer ein „republikanischer Zug“ fest­zustellen gewesen wäre: Otto Günther Unser Kaiser kehrt heim! Legitimisti- sche Arbeit in Österreich (Wien 1933) 30. 24*

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