Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

STAUDINGER, Anton: Bemühungen Carl Vaugoins um Suprematie der Christlichsozialen Partei in Österreich (1930–33)

Bemühungen Carl Vaugoins um Suprematie der Christlichsozialen Partei 357 befürchten ließ, schlug Vaugoin der Regierung vor, Maßnahmen gegen die Nationalsozialisten zu ergreifen, die im Bundesheer schon erfolgreich gegenüber den Sozialdemokraten geübt worden waren und nun auf alle Bundesangestellten angewendet werden sollten: „abfällige Kritik“ am Staat und den Staatsorganen, parteipolitische Betätigung, Verbreitung parteipolitischer Schriften und Tragen von Parteiabzeichen im Dienste als unvereinbar mit den Dienstpflichten zu erklären107). Die Regierung stimmte dem Vorschlag Vaugoins zu und verfügte zudem, daß Beamte „über Wahrnehmungen in dieser Richtung der Dienstbehörde sofort Meldung zu erstatten“108) hätten. Durch neuerliche Vereidigung der Bundesbeamten — einschließlich der Bundesheerangehörigen — und Ver­schärfung des Disziplinarrechtes wurde diesen Maßnahmen Nachdruck ver­liehen 109). Diese Verordnungen galten sicherlich nicht alleine der NSDAP. Aber nach der Ausschaltung des Nationalrates, der Auflösung des Republikani­schen Schutzbundes und dem Verbot der Kommunistischen Partei, — Maßnahmen, die keinen ernsthaften Widerstand der Betroffenen hervor­gerufen hatten —, richtete sich die Politik der Regierung in erster Linie gegen die NSDAP, die in großem Umfang und in heftiger Weise gegen die Regierung agitierte. Wohl gab es Mai 1933 Bemühungen um Ver­ständigung zwischen NSDAP und Regierung110 *) und Verhandlungen wegen eines Eintritts von Nationalsozialisten in die Regierung, Verhand­lungen, an denen auch Vaugoin beteiligt gewesen sein soll m). Aber Vau­goin hatte sich im Gegensatz zu Dollfuß schon vor diesen Verhandlungen öffentlich auf völlige Ablehnung der NSDAP festgelegt. So im April 1933: diejenigen in der Christlichsozialen Partei, die eine Beteiligung der Nationalsozialisten an der Regierung wünschten, seien „Hasenfüße“ 112 *); oder am 2. Mai: „Man muß gegenüber dem Nationalsozialismus .. . jedes Paktieren vermeiden“ lls), was die nationalsozialistische Zeitschrift Der io") AVA Ministerratprotokoll Nr. 863 vom 31. März 1933. io«) KA BH 7.496-Präs./1933. 109) AVA Ministerratsprotokoll Nr. 872 vom 10. Mai 1933; BGBl. 173/1933; siehe auch KA BH 10.764-Präs./1933. »io) Dieter Ross Hitler und Dollfuß — Die deutsche Österreichpolitik 1933—1934 (Hamburg 1966) 34. ln) Winkler Diktatur 54. 112) Deutschösterreichische Tageszeitung 9. April 1933. ns) Neuigkeits-Weltblatt 3. Mai 1933. — Als Probe für Vaugoins volks­tümlichen Rednerstil sei aus der gleichen Rede zitiert: „Wir brauchen nicht zaghaft zu sein, denn, so fürchte ich, auch dieses braune Hemd wird bald wieder ausgewachsen werden. Wir behalten unseren schwarzen Anzug bei, das ist ein solides Gewand, das kauft man sich, wenn man heiratet, das hat man oft bis zu seinem Tod ...“; zur konsequenten Ablehnung der NSDAP durch Vaugoin vgl. auch die Notiz von Schmitz über die Sitzung des christlichsozialen Klubvorstandes am 3. Mai 1933 in B r a u n Schmitz 257.

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