Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

STAUDINGER, Anton: Bemühungen Carl Vaugoins um Suprematie der Christlichsozialen Partei in Österreich (1930–33)

314 Anton Staudinger übernahm, aber der schließliche Vizekanzler und Bundesminister für soziale Verwaltung der Regierung Vaugoin, Richard Schmitz, hatte seinen Eintritt in die Regierung von einer „Wohlverhaltenserklärung der christ­lichen Gewerkschaften“ abhängig gemacht91), während es Ender schon abgelehnt hatte, an den Besprechungen des christlichsozialen Klubs über die Regierungskrise am 25. September teilzunehmen 92). Vaugoin, der das Heerwesen behielt, komplettierte seine Regierung am 30. September mit den Christlichsozialen Czermak (Unterricht), Heini (Handel und Verkehr), Thaler (Land- und Forstwirtschaft), und dem parteilosen Juch (Finanzen), der sich „trotz schwerer persönlicher Opfer“ nur wegen der „Kontinuität in der staatlichen Finanzgebarung“ zum Ein­tritt in die Regierung bewegen hatte lassen °3). „Sie kennen mich auch, daß ich als Heeresminister keine Freund­schaften mit den Sozialdemokraten geschlossen habe“, verkündete Vau­goin auf einer Versammlung am 30. September, „und ich glaube, was ich als Heeresminister getan habe, werde ich als Bundeskanzler tun . .. weil ich nicht bloß Kanzler werde, sondern Heeresminister bleibe“94). Vaugoin sei der Mann, der „mit starker Hand und unbeugsamem Willen die Aufgaben, die die Zeit erfordert, durchführen wird“; von ihm erwar­tete die christlichsoziale Bundesparteileitung95 *) „rücksichtslosen Kampf gegen alles, was unsere Volkswirtschaft so schwer schädigt und bedrückt, also in erster Linie Kampf gegen den heimatfremden Marxismus“. Wie schon in den Gratulationen zum Vizekanzler und Parteiobmann, brachten viele Anhänger der Politik Vaugoins ihre Unsterstützungsbereit- schaft in an Vaugoin gerichteten Briefen zum Ausdruck: Gefolgschaft „auf allen Wegen, die nunmehr unser Vaterland einer besseren Zukunft entgegenführen werden“90); — „... gelingen möge auf dem gleichen Wege, den Sie mit unserem Bundesheer beschritten, nunmehr unser gan­zes Volk der Gesundung .. . entgegenzuführen“ 97 98 *); — „ ... Entscheidungs­kampf gegen den Marxismus in Österreich . . . stelle ich mich diesem zur Verfügung“ °8); — ,,... komplizierte Konstellation nur durch den mächti­geäußerten Motivierung siehe AVA Ministerratsprotokoll Nr. 652 vom 1. Okto­ber 1930. 91) Braun Schmitz 191. ") Brief Ender an Buresch vom 24. September 1930: AVA Christlichsozialer Parlamentsklub Karton 25; im Wortlaut bei Staudinger Vaugoin 207 f. M) AVA Ministerratsprotokoll Nr. 652 vom 1. Oktober 1930. 94) Reichspost 1. Oktober 1930. 95) Entschließung der Christlichsozialen Bundesparteileitung vom 1. Okto­ber 1930: AVA Christlichsozialer Parlamentsklub Karton 23. 90) Brief des Kommandanten der Brigade Steiermark vom 1. Oktober 1930: Nachlaß Vaugoin Fasz. 5. 97) Ebenda, Brigade Innsbruck 1. Oktober 1930. 98) Brief Schönburg-Hartenstein an Vaugoin vom 29. September 1930: Nachlaß Vaugoin, Fotokopie im Institut für Zeitgeschichte Wien; im Wortlaut bei Staudinger Vaugoin 209.

Next

/
Thumbnails
Contents