Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

STAUDINGER, Anton: Bemühungen Carl Vaugoins um Suprematie der Christlichsozialen Partei in Österreich (1930–33)

Bemühungen Carl Vaugoins um Suprematie der Christlichsozialen Partei 299 konnte aber den von Vaugoin eingeschlagenen Kurs nicht beeinträchtigen, die frei werdenden Plätze mit „staatstreuen Elementen aus dem Landvolk und der bürgerlichen Intelligenz“ zu besetzen 15). „Ganz ausnahmsweise“, zu einem Zeitpunkt, als die Wehrbundmehrheit schon gesichert war (1931), wurden auch Wehrwillige, für die ein sozialdemokratischer Mandatar intervenierte, in das Bundesheer aufgenommen ,6). Wegen des kleinen jährlichen Werbekontingentes konnten aber in den ersten Jahren von Vaugoins Tätigkeit als Heeresminister die Wehrbund­stimmen bei den Vertrauensmännerwahlen nur langsam vermehrt werden. Der Wehrbund konnte seine Wählerstimmen von 1.311 im Jahre 1923 nur auf 3.860 (53 Mandate) im Jahre 1926 erhöhen, während der Militärver­band 1926 noch immer 10.671 Stimmen (203 Mandate) auf sich vereinig­te 17). War es Vaugoin schon in der Wehrgesetznovelle von 1923 18) gelungen, die Zahl der Vertrauensmänner auf einen pro Unterabteilung des Bundesheeres zu verringern, für die Wahl die einfache Mehrheit durchzusetzen und die Befugnisse der Vertrauensmänner auf rein soziale Belange einzuschränken, veränderte er infolge des für den Wehrbund unbefriedigenden Ergebnisses von 1926 durch Versetzungen vor der Wahl 1927 die Mehrheitsverhältnisse bei den Vertrauensmännern in der Weise, daß die Militärverbandwähler auf wenige personenstarke und die Wehr­bundwähler auf viele personenschwache Kompanien aufgeteilt wurden 19). So erreichte bereits 1927 der Wehrbund mit 6.428 Stimmen 134 Mandate, der Militärverband mit 9.287 Stimmen aber nur 117 Mandate. Deutlicher noch zeigt das Ergebnis der Vertrauensmännerwahl 1928 den Erfolg die­ser Methode: auf 9.033 Stimmen für den Wehrbund entfielen 212 Mandate und auf 6.233 Stimmen für den Militärverband 61 Mandate 20). Neben den Bemühungen, die sozialdemokratischen Soldaten auf dem Wege der Heeresergänzung aus dem Bundesheer auszuschließen, betrieb Vaugoin von Anfang an die Behinderung parteipolitischer Tätigkeit der Heeresangehörigen innerhalb und außerhalb der Kaserne. Für die Durch­setzung eigener parteipolitischer Ziele stand ihm ja der „nicht politische“ Wehrbund zur Verfügung. Konnte sich Vaugoin bei jeweiligem Einschrei­ten gegen parteipolitische Betätigung innerhalb des Heeres, wobei eine solche Tätigkeit im Dienste auch jedem einzelnen Heeresangehörigen untersagt war, auf das Wehrgesetz berufen2I), mußte er gegen politi­is) August V. Schlemmlein Carl Vaugoin — Zehn Jahre Bundesheer 1921—1931 (Wien 1932) 76 f. u>) KA BH Ständige Parlamentskommission / Sozialdemokratische Partei 272/1931. i?) H u e m e r Hecht 40 ff. 18) BGBl. 216 vom 13. April 1923 und BGBl. 241 vom 26. April 1923. 19) H u e m e r Hecht 41. ai) Ebenda 42. 2i) § 26 Abs. 1 und 4.

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