Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

COONS, Ronald E.: Das Dampfschiff als diplomatisches Mittel: Österreich und die englisch-ostindische Post 1842–1848

160 Ronald E. Coons sehe Kabinett weiter darauf, daß englische Dampfer die Indische Post befördern sollten, und eine Entscheidung für die Annahme oder Ableh­nung der Londoner Bedingungen mußte für Wien bald unumgänglich werden. Metternich traf diese Entscheidung. Als Neumann im September Johannisberg besuchte, um eine Anzahl von Themen, darunter auch die Indische Post, zu erörtern, betonte er dem Staatskanzler gegenüber, daß die englische Regierung nur dann Triest wählen würde, wenn sie ihre eigenen Dampfer einsetzen könne. Ohne Zögern wies Metternich die Wünsche des Lloyd zurück, ignorierte die Argumente Ottenfels’ und ent­schied, den Engländern nachzugeben42). Die Gründe für seine Entschei­dung sind nicht mit Sicherheit bekannt, man kann aber vernunftgemäß annehmen, daß ihm Ottenfels’ Ansichten, wie anziehend sie auch sein mochten, im Hinblick auf den englischen Standpunkt einfach nebensächlich schienen. Nachdem die Streitfrage entschieden war, war es an der Zeit, genau zu erforschen, welche Vorteile Triest zu bieten hatte; denn im Jahre 1842 konnte niemand mit Sicherheit wissen, ob es tatsächlich möglich war, die Post von London nach Alexandria schneller über Triest als über Marseille zu schicken. Diese Ungewißheit war das vierte Problem, dem Österreich bei der Vertretung seiner Sache in London gegenüberstand. Waghorn und seine Förderer glaubten an die Überlegenheit einer Route über Triest. Ihre Argumente beeindruckten zwar die Engländer, — die im Besonderen wissen wollten, ob es den Kurieren im Winter möglich sei, die Alpen zu überqueren, — aber sie überzeugten sie nicht. Überdies wa­ren Waghorns Angaben einander widersprechend. Einmal beanspruchte er einen Vorteil von drei Tagen für Triest43), ein anderes Mal erzählte er Neumann, daß die London—Triest—Alexandria—Route in einer Gesamt­zeit von zehn Tagen, also nur etwa 24 Stunden schneller als die bereits vorhandene Route, bewältigt werden könne44). Doch wie immer auch Waghorns Aussprüche geartet waren, beweisen konnte er nichts. Die eng­lische Regierung konnte kaum eine Entscheidung mit den Versprechun­gen eines exzentrischen Publizisten als Grundlage in der lebenswichtigen Sache ihrer Verbindungen mit Indien treffen. Daher entschied sich das Kabinett im September dafür, Beweise zu sammeln, indem es Waghorns Angebot einer Probefahrt der Indischen Post entlang der vorgeschlagenen Route annahm45). Waghorns Ziel war es, zu beweisen, daß die Straßen und Pässe in Mitteleuropa für rasche Postkutschen geeignet wären, daß weiters für Depeschen eine schnelle Überschreitung der Staatsgrenzen 42) Edlmann an Regensdorff, 6. Oktober 1842: FA 7460/pp ex 1842. 43) Sidebottom The Overland Mail 98. 44) Neumann an Metternich, 21. Juli 1842: HHStA England Korr. 239. 45) Edlmann an Regensdorff, 12. September 1842: FA 6847/pp ex 1842.

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