Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 23. (1970)

GARMS-CORNIDES, Elisabeth: Marginalien des 18. Jahrhunderts zu zwei Biographien des Grafen Karl Firmian

146 Elisabeth Garms-Cornides Sperges für italienische Bauten verfaßt hatte, sollten mit der Centuria litterarum veröffentlicht werden87). So wollte er wohl sich selbst ein Denkmal setzen, mußte er doch befürchten, daß die Jugend mit ihrem neuen Geschmack seinen klassischen Idealen nicht mehr das rechte Ver­ständnis entgegenbringen würde 88). Nüchtern und jeder Übertreibung abhold89); pedantisch — man denke nur an die Schrift90)! — und sparsam; kritisch und wahrheitsliebend, auch dort, wo es sich um die Fehler anderer handelt; kunstverständig und hochgebildet; ein Kritiker Wiens 91), der aber gekränkt ist, wenn man Italien als einziges Land wahrer Kultur bezeichnet92); ein „Raunzer“, der in der Erfüllung seiner Pflichten aufgeht; ein josephinischer Beamter, der kein Josephiner ist — so steht der Freiherr von Sperges auch nach diesem neuen Selbstzeugnis vor uns. Wer möchte da nicht ein wenig an Lhotskys „österreichischen Menschen“ denken? 87) So finden wir eine Inschrift für den Anatomiesaal in Pavia (Sperges Centuria 325), für das Museum in Mantua (ebd.), für die Fabrica der Universi­tät Pavia (ebd. 324), für diverse Universitätsgebäude in Pavia (ebd. 323), für die Biblioteca Braidense (ebd. 306), für die Akademie in Mantua (ebd. 303), für das Arbeitshaus in Mailand (ebd. 302—303). Das große Interesse Sperges’ für die Universität Pavia belegt im übrigen auch sein Gutachten an Firmian, datiert 1775 Juli 17: Trento, Bibi. Com. Ms. 714 fol. 76—78. Ein wenig muß Sperges seinen Zeitgenossen mit seiner Zuständigkeit für italienische Fragen auf die Nerven gegangen sein. Wie erklärt sich sonst das — zugegebenermaßen bos­hafte — Urteil Leopolds von Toskana: „... presume moltissimo dei suo sapere e cognizioni nelle cose d’Italia öve perö non é stato mai e che non conosce...“: HHStA Familienarchiv Sammelbände 15: Impie gáti Principali a Vienna; zit. bei Wandruszka Österreich und Italien 66 Anm. 95. — Zu den testamen­tarischen Bestimmungen Sperges’ D i p a u 1 i Sperges in Neue Zeitschrift des Ferdinandeums 3 (1837) 38. 88) Interessant für diesen Generationsunterschied ist Verris Formulierung: „Sperges é uomo che ha dell’erudizione, serivé in latino e fa anche dei versi latini. Non v’é ombra di filosofia in lui, né ombra di gusto...“. Verri Carteggi 4, 159. Sperges selbst hat sich allerdings gern als Philosoph im Sinn des 18. Jahrhunderts bezeichnet: so in einem Brief an den Bruder, zit. bei Pascher Sperges 189. 8») Zu wiederholten Malen kritisiert Sperges in seinen Randnotizen schwül­stige Ausdrücke und hochtrabende Phrasen, z. B. M/V illa Vita 5, 12, 23, 25, 27; M/A reo Elogio 26, 27. 9») Zu Sperges’ gestochener Handschrift s. auch Pascher Sperges 199. Mit Recht war Sperges von Firmians Handschrift wenig erbaut: „doveva dis- gustare dalia lettura delle sue lettere il pessimo carattere, con cui erano scritte“ (M/Arco Elogio 57). Man denke auch an Leopolds II. Urteil: „... Con- sigliere Sperges, uomo onesto ma assai debole, pesante, seccatore e pedante“. Zit. bei Wandruszka (s. Anm. 87). 91) M/V illa Vita 21. 92) M/V illa Vita 13.

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