Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 21. (1968)
MIYAKE, Masaki: Die Achse Berlin – Rom – Tokio im Spiegel der japanischen Quellen
436 Masaki Miyake Japan mit diesem Pakt nach 20 Jahren, nämlich nach der Auflösung des englisch-japanischen Bündnisses im Jahre 1922, zum ersten Mal wieder einen Bündnispartner, diesmal Deutschland, gewonnen habe 65). Ein anderer Beweggrund Matsuokas war natürlich sein Glaube an den baldigen Sieg Hitlers über England. Nach seiner Heimkehr im April 1941 konnte Matsuoka, obwohl Hitler bereits schon lange auf die Operation Seelöwe verzichtet hatte, noch an die Landung der deutschen Armee in England glauben 66). Die Beurteilung Matsuokas und seiner außenpolitischen Konzeption, die in diesem Aufsatz hauptsächlich auf der Grundlage der japanischen Quellen in Umrissen zu geben versucht wurde, hängt stark davon ab, inwieweit der japanische Außenminister nicht zuletzt in seiner Einschätzung der politischen Zielsetzung Hitlers die kommende Entwicklung richtig erkannte oder in einem Wunschdenken befangen war. Diese Frage wird sich nur auf einer breiten Quellenbasis, das bedeutet vor allem unter Heranziehung der deutschen Akten, beantworten lassen. In diesem Punkt zeigt sich besonders eindringlich die Notwendigkeit einer weltpolitischen Betrachtungsweise, die sich angesichts der Quellenmassen und der Sprach- schwierigkeiten nur durch eine engere internationale Zusammenarbeit durchführen lassen wird. Der Verfasser mußte im Rahmen dieses Aufsatzes darauf verzichten, auf die Fragen, die die Haltung der japanischen Marine und die politische Konzeption Matsuokas im Hinblick auf die niederländischen und französischen Kolonien sowie seine Amerikapolitik in konkreter Phase und die Bedeutung des Angriffs auf Singapur berühren, tiefer einzugehen. Um die Bedeutung des Dreimächtepaktes aus japanischer Sicht richtig einzuschätzen, ist es unerläßlich, alle die hier aufgeworfenen Probleme in gleicher Weise zu untersuchen. Die Erörterung dieser Fragen verlangt aber gerade jene weltpolitische Betrachtungsweise, die der Verfasser in bezug auf seine begrenzte Studie hervorgehoben hat67). 6S) Yösuke Matsuoka: Nichi-Doku Bökyö Kyötei no Igi to waga Gaikő no Kaiko (Der Sinn des Antikomintern Vertrages zwischen Japan und Deutschland und Rückblick auf unsere Diplomatie), ein Vortrag Matsuokas am 23. 12. 1936, enthalten in: Yösuke Matsuoka: Nichi-Doku Bökyö Kyőtei no Igi (Der Sinn des Antikominternvertrages zwischen Japan und Deutschland), Tokio 1937. Vgl. Yösuke Matsuoka: Die Bedeutung des Deutsch-Japanischen Abkommens gegen die Kommunistische Internationale, Tokio (o. J.) M) Matsuoka berichtete auf der 35. Verbindungskonferenz vom 28. 6. 1941 etwa folgendes: „Als Öshima Ribbentrop fragte, ob Deutschland England angreifen würde, hat Ribbentrop anscheinend gesagt, daß Deutschland gegenwärtig die Wirkungskraft der U-Boote abwarte, und daß Deutschland keinerlei Frieden schließe, wenn nicht England bedingungslos kapituliere“. (Aus „Sugiyama Memo“ Bd. 1, S. 247.) 67) Über die Stellung der japanischen Marine siehe: Robert J. C. Butow: Tojo and the Coming of the War, Princeton 1961, S. 164 ff. Hiroshi Yoshii betrachtet dieselbe Frage in dem letzten Teil seines in der Anm. 58 genannten