Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 21. (1968)
MIYAKE, Masaki: Die Achse Berlin – Rom – Tokio im Spiegel der japanischen Quellen
424 Masaki Miyake dem Kriegsminister Itagaki andererseits waren völlig unversöhnlich. Die Bekanntgabe des Abschlusses des Nichtangriffspaktes zwischen Berlin und Moskau kam für den Ministerpräsidenten Hiranuma wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Er trat sofort zurück. Alle die führenden Kreise in Japan einschließlich des Kriegsministers sahen bis zu diesem Augenblick in Sowjetrußland den Feind des kommenden Dreierbündnisses. Auf die Einzelheiten der Verhandlungen zwischen Berlin und Tokio bis zum Sturz des Yonai-Kabinetts am 22. 7. 1940 näher einzugehen möchte ich hier vermeiden. Der Band 5 des obengenannten Serienwerkes „Der Weg in den Pazifischen Krieg“: „Sangoku Döméi, Nisso Chüritsu Jöyaku“ (Das Dreimächtebündnis und der russisch-japanische Neutralitätsvertrag), Ernst L. Presseisen: Germany and Japan, a Study in Totalitarian Diplomacy 1933—1941, Den Haag 1955, sowie das obengenannte Werk von Dr. Theo Sommer berichten ausführlich über diese Einzelheiten. Hier möchte ich nur betonen, daß das Yonai-Kabinett gehen mußte, weil seine keineswegs deutschfreundliche und eher proangelsächsische Haltung ein großes Hindernis für die führende Schicht in der Armee, die auf alle Fälle den durch den Nichtangriffspakt zwischen Berlin und Moskau einmal fragwürdig gewordenen Dreierpakt wieder realisieren wollte, bedeutete. Besonders der Sieg Hitlers über Frankreich und Holland im Jahre 1940 spornte das Begehren in der japanischen Armee, sich mit Deutschland zu verbünden, an. Um das für die Armee unsympathische Yonai-Kabinett mit dem Admiral a. D. Yonai als Ministerpräsidenten sowie dem hartnäckig deutschfeindlichen Arita als Außenminister zu stürzen, benutzte die Armee, wie schon bisher oft, eine im März 1936 nach dem Putsch vom 26. 2. 1936 auf Verlangen der Armee wieder ins Leben gerufene Bestimmung. Nach dieser im Jahre 1871 entstandenen und dann 1921 faktisch abgeschafften Bestimmung war es so geregelt: in das Amt des Kriegs- sowie Marineministers sind nur aktive Generäle bzw. Admiräle einzusetzen, aber auf keinen Fall Generäle bzw. Admiräle außer Dienst, geschweige denn, zivile Politiker. Somit unterstanden die Kriegs- sowie Marineminister dem Rat der hohen Militärs und nicht mehr der Kontrolle des zivilen Ministerpräsidenten. Die Armee oder die Marine, in diesem Fall besonders die Armee, konnten die Nominierung eines Kriegsministers ablehnen. Das Kabinett, das keinen Kriegsminister nominieren konnte, mußte automatisch gehen. Der Kriegsminister des Yonai-Kabinetts, General Shunroku Hata, demissionierte auf Verlangen der Armee. Die Armee forderte durch diese Demarche die Berufung eines Kabinetts, das durchaus für die Paktierung mit Berlin und Rom, also auf den Dreierbund eingestellt war. Das Kabinett des Admirals Yonai mußte gehen. Mit Yonai ging der Außenminister Arita. Arita war der letzte Außenminister, der auf der traditionellen Linie des japanischen Außenministeriums, der mehr pro-angelsächsischen und weniger deutschfreundlichen Linie, stand.